Seid modern, aufgeschlossen, schreibt Leserbriefe und sitzt im Theater, lasst euch langweilen und findet das normal. Ihr wollt schließlich nicht als Rotweintrinkende Spießer gelten, deshalb findet ihr jedes Herumbrüllen auf der Bühne, jede Projektion und jeden Spritzer 'interessant'. Ihr lasst euch gerne quälen, das gehört zum Deal. Kunst muss unbequem sein, so habt ihr es im Feuilleton gelesen. Wer Kunst will, muss leiden können. Arme Verstörte. Die Miniatur-Bewegungsübungen in Endlosschleife, das ewige Vor und Zurück, das unverständliche Gemurmel, das war nur eine neue Wahrnehmung, so findet ihr, von "Dantons Tod". Ein neues Konzept. Im Kölner Schauspielhaus war es gar nicht langweilig, nein, die dummen Zuschauer, die immer noch glauben, im Theater könne man ein Stück sehen, haben ihre Langeweile bloß "mitgebracht". So wird unter 'Kommentare' auf der Website fleißig geschrieben. Zum Beispiel von einer Tante, die ich mir so vorstelle: Am Computer ...
Joe Knipp - Essays - Glossen - Knipp und Klar