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Die andere Welt

Im Foyer des Theaters am Sachsenring An der kleinen Bar des Theaters am Sachsenring gab es noch Gespräche. Spät am Abend. Was für ein schönes, kleines Theater, auch nach der Vorstellung. Mein Theater. Am Tisch an der Wand mit den Bildern, Theke im Blick, Blick nach rechts in den Spiegel, Blick nach links durch den roten Vorhang in den Saal. Gläser stehen auf den Tischen. Vor der Theke stehen Menschen. Schauspieler, Besucher, wir verweilen und sprechen unter dem Eindruck einer Theatervorstellung. Was haben wir gesehen? Haben wir gemeinsam etwas gesehen? Ja. Das Gleiche? Natürlich nicht. Das Gespielte, Gesagte, das Gesehene, das, was wir spüren - jeden Abend ist die Mischung eine andere. Jeder Zuschauer kommt aus seiner eigenen Welt und schaut in eine andere Welt, in die Welt auf der Bühne. Wir versuchen eine Welt zu bauen, die anders sein soll, anders als die eine, wahre Welt. Eine Kunst-Welt. Wir wollen in unseren Stücken den Unterschied sichtbar machen. Trauer, Liebe, Erregung

Feeaanseehn

Lieber ins Theater gehen Eine seriöse Sendung, das Mittagsmagazin. Ein Bericht über Wittenberg, von wegen Reformationstag. Der Kalender schreibt die Themen. Da treffen wir auf Luther, nicht den echten, wie der Reporter uns beruhigt, ein Schauspieler in Luther-Kostüm. Im Jargon von Mittelalter-Festen - "Seid gegrüßt, gehabt euch wohl" nervt der Schau-Spieler die Passanten und führt den Reporter zur berühmten Küaache. Er meint wohl Kirche. Aber das wird, wie die Verwendung vom Genitiv (Smilie mit Augenzwinkern) auf allen Kanälen verquirlt und verquatscht. Systematisch. Auch in seriösen Sendungen. Man muss den Zuschauer da abholen, wo er sitzt. Draußen ist Wetta, das wiiaad auch angesagt, aber nicht ohne davor zu allem Überfluss noch eine Schmunzel-Geschichte zu senden. Über Wetterfühligkeit. Eine Frau mit rotgefärbten Haaren und Walking-Stöcken rät uns hinaus zu gehen um den Kööaapa abzuhääaaten (Körper abzuhärten). Sie will uns abholen. Lassen wir die Schrei- und Kreisc

Ganz tolle Geschichte

Markus Lanz. Köcheln, labern, blubbern, nichts wird so heiß gekocht, wie es gegessen werden sollte. Nicht den Mund verbrennen. Schwiegermütter lächeln beglückt: Nach Jauch, Pilawa, das nächste Söhnchen, Anzugfüllung, aufgespritzt mit Nettigkeiten für Jedermann. Weiter aufgeblasen, kommt 'Wetten Dass!' heraus. Eine Medienseite liefert Fakten: Zitat: "Die Kollegen von Closer haben nachgezählt: Markus Lanz zeigte bei der vergangenen 'Wetten, dass..?'-Sendung mit seinen Finger 186 Mal auf Publikum und Gäste. Zudem sagte er 23 Mal 'Wow', 16 Mal 'ganz tolle Geschichte' und forderte seine Gäste 18 Mal auf, es sich 'gemütlich' zu machen." In seiner Talk-Show sagt er nur 20 Mal 'Wow' und nur zehn Mal 'ganz tolle Geschichte'. Und natürlich bedankt er sich immer "sehr sehr herzlich" bei einer "spannenden Runde". Thema Fußball. Da bin ich empfindlich. Eigentlich ein Universum. Lanz macht auch daraus einen Allge

Soziales Netzwerk - raus oder rein?

Kein Gespräch. Also hinein ins soziale Netzwerk. Jemand postet "Yam Yam!", ein Foto dazu von einer Curry-Wurst mit Fritten. Darunter ein Kommentar: "Guten Appetit", darunter "Wäre ich gerne dabei", dann der erste empörte Kommentar: "Ich esse nichts, was Augen hatte" ohne Smilie mit Augenzwinkern. Die Freundin ist eine Blume, besser: Ihr Profilbild zeigt eine Blume, also sie ist eine Blume, eine ernste Blume. Darunter ein Hundebild mit Menschen-Name, Kommentar: "Seht euch das Video an. Kaum zu glauben, zu was Menschen fähig sind." Die Hündin spricht allen 'Usern', also Gebrauchern, aus der Seele. Missbraucher sind angeklagt. Tierquäler und Fleischesser. In Köln-Mühlheim sterben Menschen durch eine Bombe. Eine Sonderkommission wird eingerichtet mit Namen "Döner". Mord im Döner-Milieu. Ein Döner bringt den anderen um. Jahre später, trotz Verschleierung der Geheimdienste, kommt heraus: Es waren Nazi-Terroristen. Aussag

PUSSY RIOT: Verfall der Sitten

Hinter Glas: Pussy Riot Ergebnis - ein vorsätzlich geplantes Urteil: Zwei Jahre Besserungsanstalt. Zwei Jahre Gefängnis ist schon für einen Schwerverbrecher eine harte Strafe in Russland. Hier ist es der Höhepunkt einer schmutzigen, langweiligen Performance, deren Richter-Darstellerin das Drehbuch aus Moskau erhalten hat. "Richterin liest allein", wird veranstaltet von der Diktatur der langen Reden und kurzen Prozesse. Die 'Richterin' spricht ununterbrochene drei Stunden über den Verfall der Sitten, die Verletzung moralischer und geistiger Werte, die Verletzung religiöser Gefühle und - Gotteslästerung. Auch von einer internationalen Verschwörung ist die Rede. Und dass die Angeklagten keine Reue zeigen. Hinter Panzerglas, in einem engen, gläsernen Sarg, drei junge, blasse Mädchen, die nach zweieinhalb Stunden manchen Anflug von Lachen nicht mehr unterdrücken können. Drei Schneewittchen in einer Geschichte von Franz Kafka, in Handschellen, lächelnd, ungläubig.

Fritsch und Chétouane im Schauspiel Köln

Montag, 30. Januar 2012 Das Beste war der Schlussapplaus. Die bunten, blassgesichtigen Schauspielerfigurinen werden von der Gruppe einzeln aus dem Pulk nach vorne geschoben, an die Rampe, stolpernd, fallend, schleichend. Es sind Figuren einer Applausordnung, komisch, übertrieben, Finger in die Luft reckend, jubelnd, schüchtern oder auch gespielt schüchtern, mit großer Geste, Handküsse werfend, auf die nicht vorhandene Galerie winkend – 10 Minuten Schlussapplaus, eine tolle Nummer, die zum Lachen reizt und für einen Moment fast vergessen lässt, was für zwei Stunden überdrehter Langeweile hinter den Zuschauern liegen. Charly Hübner habe ich gesehen, Anja Laïs - ich sehe sie immer wieder gerne auf der Bühne. Was ich nicht gesehen habe ist alles, was ich hätte sehen können, eine Annäherung, Schauspielerei, eine Geschichte, einen Text, Differenzen, Spannung, Brecht, ein Stück, 'Puntila und sein Knecht Matti'. Aber die Erwartungshaltung, einen erfüllenden Theaterabend erleben zu