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Feeaanseehn

Lieber ins Theater gehen
Eine seriöse Sendung, das Mittagsmagazin. Ein Bericht über Wittenberg, von wegen Reformationstag. Der Kalender schreibt die Themen. Da treffen wir auf Luther, nicht den echten, wie der Reporter uns beruhigt, ein Schauspieler in Luther-Kostüm. Im Jargon von Mittelalter-Festen - "Seid gegrüßt, gehabt euch wohl" nervt der Schau-Spieler die Passanten und führt den Reporter zur berühmten Küaache. Er meint wohl Kirche. Aber das wird, wie die Verwendung vom Genitiv (Smilie mit Augenzwinkern) auf allen Kanälen verquirlt und verquatscht. Systematisch. Auch in seriösen Sendungen. Man muss den Zuschauer da abholen, wo er sitzt.
Draußen ist Wetta, das wiiaad auch angesagt, aber nicht ohne davor zu allem Überfluss noch eine Schmunzel-Geschichte zu senden. Über Wetterfühligkeit. Eine Frau mit rotgefärbten Haaren und Walking-Stöcken rät uns hinaus zu gehen um den Kööaapa abzuhääaaten (Körper abzuhärten). Sie will uns abholen.

Lassen wir die Schrei- und Kreischsender, die Familien- und Gerichtsfälle außen vor, bleibt auch bei seriösen Sendern nur noch Gequatsche, nur eine Stufe leiser. Bauerfeind, heißt die Frau, die ununterbrochen kichernd ganz nah an einem Schauspieler sitzt, an Moritz, Nase an Nase und alles cool, geil, toll gemacht findet. Schlaft miteinander, aber verschont uns, die Vorbereitungen mit ansehen zu müssen.
"Im Bett mit Paula" heißt der nächste Talk - der Sender übrigens ist ein 'Kultursender', nein: kultur_sender. Klein geschrieben - cool. Die prüde Paula - im Bett aber komischerweise angezogen - stellt anzüglich auszügliche Schmunzel-Fragen an einen Comedy-Rapper mit Migrationshintergrund. Der versucht zurecht zu kommen im Bett mit cooler Körperhaltung, Jacke aus, cooles T-Shirt mit Aufdruck, cooler Satz mit X. Man sieht Paulas Strümpfe, den rot bemalten Mund. Schlaft miteinander, aber verschont uns...

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