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Es werden Posts vom 2010 angezeigt.

Düsseldorf

Noch haben die Städte kein Geld, aber der Aufschwung kommt. Und eine Stadt wird erst attraktiv, wenn sie in richtige Kultur investiert, weicher Standort-Faktor. Wenn also unsere Lena mit dem nächsten Schlager aus der Raab-Fabrik ihren Titel verteidigt (im Eurovision Song Contest), dann ist das ein Kultur-Event mit Leuchtturm-Faktor. Also will die Stadt Düsseldorf über 9 Millionen Euro als Zuschuss dafür ausgeben. Gute Investition. Kultur muss sein. Zuschüsse für 'Musikantenstadl' oder 'Wetten Dass' (in der Schweiz hat es das schon gegeben), dann können wir uns alle anderen Theater sparen. Aber Köln ist stolz auf seine kleinen Theater - nein, nur auf das eine: das Hänneschen Theater, das Stockpuppenspiel um Hänneschen und Bärbelchen. Das ist auch immer ausverkauft. Deswegen soll es jetzt noch mehr Zuschüsse von der Stadt bekommen, die ja bekanntlich kein Geld hat, weswegen es diesmal nur noch 165.000.- € zusätzlich sind, insgesamt 1 Million Zuschuss, fast soviel wie di

Söhne des Äthers

Im Theater bezaubert zu werden ist wunderbar. Über Radio Ro hatte ich geschrieben. Über die erste Inszenierung in der Ära Beier, die ich sah. Natürlich war ich jetzt da. Zum neuen Sienknecht-Abend. Die "Söhne des Äthers" sind Söhne und Töchter von Radio Ro. Sie tauchen auf in fast derselben Besetzung. Sie tauchen auf aus der dunklen Stille. Das alte Radio ist wieder da, der Plattenspieler und Gerätschaften mit Lampen und Schaltern. Neu sind die Fauteuils, 60er Jahre, im Halbrund, wie es im Inneren eines Raumschiffes üblich ist. Die Uhren sind keine Studio-Uhren, darüber steht Erde, Mond, Mars. Die Gesichter von Gestalten, unter Helmen von kleinen Stablampen angeleuchtet, tauchen auf. So sehen sie also aus, die Borg, nicht so wie bei 'Enterprise', so wie hier. Ein Höllentrip? Auf jeden Fall ernster als Radio Ro. Aber wieder muss ich Tränen lachen. Odyssee 2001 - Also sprach Zarathustra - mit Cello, Violine und Flöten, schräg, die große Kunst der kleinen Form. Der A

Abschluss mit Lust

Eine Theaterinszenierung, die von Schauspielerinnen und Schauspielern beherrscht wird? Die Abschlussinszenierung einer Schauspielschule: hier könnte sich das Bühnengeschehen schon naturgemäß um die Spielenden drehen. Erste Voraussetzung für Theater. Und tatsächlich. Im Art Theater Ehrenfeld konnte ich mich freuen, erstaunen, hören, lachen, schauen. Die Abschlussarbeit der Theaterakademie Köln wurde zu einem guten, leichten, schwingenden Abend, der von der Spielfreude des Ensembles geprägt war. Hier wurde sichtbar, was immer seltener sichtbar wird oder werden darf - Energie, Rhythmus, Verwandlung, Komik. Lust. Apropos: Lust und Schauspiel im Theater sind ganz schlecht für Chancen auf Förderung. Das Art Theater - ich konnte mich an der Bar vor der Vorstellung mit dem Kollegen unterhalten, der das Ganze seit Jahren leitet - ist in Gefahr geraten durch die Auslöschungspolitik des Kulturamtes (Amtsdeutsch: Sparkurs). Der Kollege hat reagiert, musste reagieren. Im Art Theater, das sich

Von Kommunikation, coolen Verträgen und Weltstars im Westen

In Duisburg bleibt der Oberbürgermeister verschwunden. Er sagt nichts. Er tritt nicht zurück. Er habe von nichts gewusst und nichts unterschrieben. Ausgefallener Funk, zusammengebrochenes Netz, fehlende Einsatzzentrale, Chaos und Überforderung, Schuldzuweisungen. Die Talkshows überschlagen sich. Die Familien der Opfer erfahren von der Trauerfeier durch die Zeitung. In einer Talk-Show ohne Loveparade und Kachelmann sitzt ein lustiger Bohlen-Superstar und RTL Dschungelcamp-Kandidat von damals. Einer mit lustiger Frisur, der unter Zwang steht, präsent zu bleiben, der nicht abrutschen will. Er bemüht die Ich-bin-anders-als-ihr-denkt-Masche. Jetzt muss er lustig Jazz singen. Er knödelt ‘Fly me to the moon’ und findet am Schluss die Töne nicht mehr. Eine blonde Schlagersängerin neben ihm, noch lustiger als er, lobt seine Intonationssicherheit. Der Moderator meint, er würde ihn, den Vorurteilsbeladenen, so überraschen. Ja, meint der gemeinte, Menschen seien mal lustig und mal traurig. Ja.

Wachsgesichter nach der Katastrophe

Der erste Reflex Entsetzen. Sehr bald kommt Zorn dazu. In Duisburg steht ein Zerrspiegel und zeigt ein absurdes, grauenhaftes Bild, das sich zusammensetzt aus scheinbaren Gegensätzen. Wir sehen eine Autobahn, auf der Massen von Menschen feiern und spazieren - Tage später wieder eine Autobahn, diesmal als Stützpunkt für Rettungskräfte, die um das Leben hunderter Verletzter ringen. Das Gewummer der Techno-Party, ein paar Meter weiter weinende Verzweifelte. Kreideumrisse, hier lagen die Toten. Ein paar dumpf-lustige Party-Gänger, denen es nicht peinlich ist, vor Kameras von DJs zu sprechen, die gut aufgelegt hätten, von der Party, die durch die Toten leider einen ‘Knick’ bekommen habe. Heute hören wir Aussagen, eine Stadt wie Duisburg sei viel zu klein, eine solche Masse von Menschen aufzunehmen, geschweige denn zu steuern. Die Erkenntnis, eine Million Menschen könne nicht durch einen einzigen Tunnel geschleust werden. Warnungen und Bedenken wurden im Vorfeld vom Tisch gewischt. Wie

Nur Mut (Deutschland scheidet aus)!

Die deutsche Mannschaft war eine andere gegen Spanien. Sie wollte nur spielen, spielen wie die Spanier, das war immer das Ziel und dann waren sie da, die Spanier, zurück in der Zukunft, wie vor zwei Jahren - und standen der deutschen Mannschaft gegenüber. Und die deutsche Mannschaft dachte, das brauche noch Zeit mit der Zukunft. Sie wären noch nicht soweit, dachten sie, wie vor zwei Jahren. So wurde es ein Spiel, das aus der Zeit fiel, kein Spiel im hier und jetzt, kein bedingungsloses Spiel, sondern ein fiktives. Gefangen in der Zeitschleife. Eine Mannschaft von heute gegen eine von morgen. Aber die von morgen hatte doch gestern schon so gespielt wie die Mannschaft von heute. Gegen Australien, England, Argentinien. Wo war sie geblieben, in welchem schwarzen Loch gefangen? Das eigene Spiel spielen, das Spiel beherrschen? Das Finale in Sichtweite standen die Spanier im Blick. Die Mannschaft beherrscht von Respekt vor dem Halbfinale und Angst vor dem Gegner, vor der Mannschaft von mo

Gastkommentar von Thomas Reis

Ein Gastbeitrag: Die neuste Kolumne meines Freundes Thomas Reis in der Frankfurter Rundschau beschäftigt sich - na, mit was? - mit Fußball (vor dem Argentinien-Spiel geschrieben). Wunderbar. Link: Reis' Parteitag: Heul doch, Argentinia! Was ist das Leben? Fußball natürlich... Thomas Reis

Haben sie gespielt oder gerumpelt?

Nach der Niederlage gegen Serbien in der Vorrunde der Fußball-WM: Das Vuvu-Säule meint: Von diesem überirdisch guten deutschen Fußball sei aber nun wirklich gar nichts zu sehen gewesen. Liebes Vuvu-Säule, es ist nichts geschehen. Nur Fußball. Große Freude, große Enttäuschung, große Spannung. Wie so oft nah beieinander. Gegen Australien hat fast alles funktioniert. So etwas gibt es. Es treibt an und verleiht zusätzlich Flügel. Und zeigt die Möglichkeiten. Gegen Serbien kippte das Spiel schon am Anfang und konnte nicht mehr ins Lot gebracht werden. Verengte Möglichkeiten. Gelbe Karten. Und die Erkenntnis: In dieser jungen Mannschaft gibt es meist junge Spieler. Dann kam die Nervosität, die überspielt werden musste mit gut gelaunten Pressekonferenzen, mit Interviews, die immer in dem Satz gipfelten: Wir haben keine Angst! Wir wissen, welches Wort dann im Kopf hängen bleibt. "Gelbe Karten", "Skandalschiedsrichter", "Scheitern", "Nachhause fahren"

Wie immer aber ganz anders

Wo sind wir hier gelandet? Die Presse überschlägt sich mit Komplimenten an den deutschen Fußball. Mehr noch: Die Angst geht um. Ein Gespenst. Deutschland gewinnt, aber ohne Rumpelfußball, wie geht das? Australier, Engländer, Italiener (vor denen muss keiner Angst haben nach dem Spiel gegen Paraguay), sind einig im Urteil. Grazil, brasilianisch, "zu viel Tempo, zu viel Bewegung, zu groß, zu stark, zu fähig, zu verdammt gut".. Mein Gott, was ist los? Es sind doch nur Cacau, Khedira, Özil, Podolski, Gomes, Müller, Klose... Ein paar Jungs, die spielen wollen. Eine bunte Gesellschaft. Das war nicht immer so. 1998 hatte es Frankreich vorgemacht: Weltmeister mit einer Nationalmannschaft, deren Spieler aus unterschiedlichsten Ecken kamen - und in der Abwehrspieler Tore schossen (damals etwas Unerhörtes). Mittlerweile ist Henri älter geworden, Zidane eine Ikone und der Rest spielt ohne Anbindung und mit Differenz zum Trainer. Keine Chance. Deutschland dagegen ist angekommen im modern

Die Uweseelers

Uwe - Uwe, so sangen die Deutschen in den 60ern, die Uweseelers waren überall und machten einen Höllenlärm. Klang damals nur tiefer und lauter, weil die vielen schwarz-rot-blonden Mädchen noch nicht mitkreischen durften. Ganz früher wurde in den Stadien Europas höchstens geklatscht, wenn eine Aktion gefiel, sonst hörte man nur das Klatschen der Fußballschuhe (damals noch schwarz) gegen das runde Leder (damals noch Leder), dann erfanden die Engländer den Gesang, heute ist das Stadionpublikum ein bewegter Körper, der aufstöhnt, in Unruhe ist, peitscht, schreit, schimpft, singt, jubelt, skandiert. Und jetzt bei der WM in Afrika, was hören wir? Nichts mehr. Alles wird überdeckt von einem ohrenbetäubenden Huuupen. Die Vuvuzeelas sind überall, 90 Minuten lang, ohne Pause. Wir sind genervt, aber die Afrikaner sind glücklich. Sollen sie. Alles besser als Bushidos "Fahne raus" oder das bierwerbungskompatible Quieken halbnackter Blondinen in Dauer-Party-Stimmung. Oder? Sowieso alle

TsweiTsausendTsähn werden wir Nöhlmeister sein.

Jetzt singen sie alle wieder unsere Nationalmannschaft in Grund und Boden. Wie vor vier Jahren Xavier, der so lange nölte "dieser Weg ist steinig und schwer", bis es die eigentlich gut gelaunten Spieler das endlich begriffen hatten und gegen Italien untergingen. Wer verdirbt uns also dieses Mal die Laune? Bushido, der vom 'Stolz auf Deutschland' labert, noch bevor der Ball rollt? Und der meint, die Deutschen hätten die Nase voll von Politik, jetzt sei Spaß angesagt. Dazu passend hat unser Party-Keller Deutschland viele lustige Party-Deppen, die Klassenclowns, die sich hier Comedians nennen und jede Talkshow versauen müssen (mir graut schon vor Waldis Weißbier-Geblubber mit den ganz ganz wichtig-witzigen 'Experten'). Aber zurück zum Thema. Die Comedy-Stimme Matze Knoop, schon als Schröder-Beckenbauer unerträglich, muss seine Stimme unbedingt noch elektronisch verzerrten lassen und in Ballermann-Pose durch sein Video hüpfen, desgleichen schwängert sein Comedy-K

Das habe ich nicht gewollt!

Lieber Horst Köhler, das war ein Witz! 'Lena for President' war ein Witz! Zu spät. Horst Köhler hat eine Pressekonferenz gegeben. Er vermisst den 'Respekt vor seinem Amt' und tritt zurück. Mit sofortiger Wirkung. Was haben wir da angerichtet.

Vorwärts im Geiste des Raabismus - Lenanismus!

Wir sind Lena! Eine neue Ära deutscher Geschichte. Nach 'Wir sind Meister der Herzen' (Fußball), 'Wir sind Hartz IV' (Pro7), 'Wir sind blöd' (Baumarkt), wird in Deutschland fast alles zu einer geilen 'Wir'-Party - aber seit 'Wir sind Papst' wissen wir auch, dass der Schuss nach hinten losgehen kann. Doch bei Lena spielt Kindesmissbrauch nur eine untergeordnete Rolle. Der Vorschlag, Lena das Bundesverdienstkreuz oder den Nobelpreis zu verleihen - wirklich eine gute Idee und eine realistische Einschätzung, denn mehr an (zumindest künstlerischer) Intelligenz ist in Deutschland nicht zu erwarten. Bedenken wir doch, wer bei uns Super-Mega-Star werden kann: MMM (Freeeiiiheit!) oder Quetschstimme Grönemeier. In keinem Land der Erde hätte solche Musik eine Chance, geschweige denn ein Siegel oder Raab. Wieso also dieser 'Erfolg'? Ganz einfach. Hier wird abgestimmt zwischen zwei Frauen-Typen. Lena ist kein aufgeblasenes Titten-Monster in Glitte

Botho Strauß hat über Jutta Lampe und über das Theater gesprochen

Letztes Jahr hielt der Autor Kehlmann eine Rede zum 'Aktualisierungs-Theater' unserer Tage und bezog Prügel von den Theaterhysterikern, die um sich schlagen, wenn tatsächlich jemand ruft: die sind ja nackt! Lapidares Fazit damals: Tilman Krause schrieb in Welt-online "Das Theater ist inzwischen kein Muss mehr. Es hat seine Zeit gehabt". Dem widerspricht jetzt Botho Strauß, der Theaterautor und denkende Mensch, der in einer Laudatio auf die Schauspielerin Jutta Lampe an die Möglichkeiten und den Zauber des Theaters erinnert. Er kritisiert die Schausteller des "wunderlosen Theaters", das sich "zum Reservat von Dummheit und Bildungsferne entwickelt" habe. Und schon geht es wieder los. Wenn es nach Herrn Khuon (Intendant) gehen würde, sollte man "so ein Gerede" so schnell wie möglich vergessen: es "disqualifiziert sich selbst". Strauß hatte gewagt, das Theater durch sein Zentrum zu würdigen: die Schauspieler, hier die Schauspieler

Theatertreffen

3Sat, der Kultursender, überträgt Theater. "Die Kontrakte des Kaufmanns", Jelinek, Berliner Theatertreffen. Ich wollte das Stück schon in Köln sehen. Einige sagten: "Das ist witzig, sehr kritisch, ein toll gespieltes Experiment", "spannend", sagte jemand, obwohl der sowieso immer alles "spannend" findet. Wie dem auch sei - das Stück soll sein: Textverarbeitungsmaschine, Performance. Also das Übliche, denke ich. Also mal reinschauen, denke ich. Also schaue ich in die Röhre und staune. Es ist ein einziger Kindergarten. Warum, warum? Warum diese Textflächen voll von Allgemeinplätzen, voll von kabarettistischen Witzeleien? Elfriede Jelinek hat geschrieben und geschrieben und schreibt weiter. Warum vier Stunden? Warum müssen wieder echte Menschen an echten Reglern von echten Mischpulten sitzen um alles echt regeln zu können, auf der Bühne? Warum müssen junge Schauspielerinnen immer als junge Schauspielerinnen erscheinen und ihren Text verkichern, ve

Das Amt

berichtet dem Kulturausschuss, es würde schon durchaus eng werden, durch die Haushaltslage, die Krise, aber, so heißt es, trotz aller Beschränkungen seien zurzeit "noch keine irreparablen Einbrüche zu erkennen". Und weiter: Bei der Umsetzung der Sparvorgaben werde das Kulturamt "bemüht" sein, vor allem "bestehende Strukturen so gut wie möglich zu sichern". Die freie Kultur trocknet aus. Kunstprojekten und Veranstaltern, die in langjähriger Arbeit Kultur in Köln prägen, werden lächerliche Summen gestrichen und damit wird deren Arbeit existentiell gefährdet. Das Theater am Sachsenring musste bereits den Betrieb ganz einstellen, weil selbst eine (vom Kulturausschuss bewilligte) Liquiditätshilfe vom Kulturamt nicht ausgezahlt wurde. Soviel zu den "Bemühungen".

zum Tag der Pressefreiheit:

Letzte Woche bat mich die Bild-Zeitung um ein Statement, ungefähr so: kleine Theater bekommen kein Geld, Griechenland Milliarden. Man schickte einen Fotografen, ich setzte mich auf die Bühne - ich sollte traurig schauen - dann schrieb ich fröhlich mein Statement: "Ja doch. Hilfe für Griechenland. Stellt Europa auf die Füße! Geld für die Menschen, Geld für die Kultur. Kein Geld für Häfen ohne Schiffe, Bauten ohne Bewohner, Spekulanten ohne Moral. Geld ist da, es fließt nur in die falschen Kanäle, während das soziale Leben trockengelegt wird. In Köln wird das Theater am Sachsenring geschlossen, 60.000.- € Zuschuss sind zuviel. Aber ein paar Meter U-Bahn müssen gebaut werden, Löcher und explodiere Kosten, für die KölnMesse werden ca. 350 Mio. zuviel ausgegeben - plus zusätzlich einige hundert Millionen Strafe an die EU (Bau ohne Ausschreibung). Das Pokerspiel um Geldblasen führt zum Kollaps. Und der Staat spannen den Rettungsschirm auf über dieser Pokerrunde. Drink doch eine

Neubau von Schauspiel Köln ist vom Tisch

Da staunt der Laie und der Fachmann wundert sich. Erst im Dezember 2009 wurde der Bau eines neuen Schauspielhauses beschlossen und damit der Abriss des maroden 60er-Jahre-Hauses und eine Neugestaltung des Offenbachplatzes. Am 14. April 2010 wurde nun dieser Beschluss wieder rückgängig gemacht. Zu teuer, fand die freie Kultur im Bündnis mit der Intendantin Karin Beier im Bündnis mit Alfred Neven DuMont. Eine Bürgerinitiative sammelte Unterschriften, um eine Volksabstimmung durchführen zu lassen, die dann darüber hätte entscheiden müssen, ob das Volk Neubau oder Sanierung will. Übrigens: Mut zu Kultur hätte Sanierung bedeutet. Doch! Aber dazu kam es nicht mehr. Der Stadtanzeiger jubilierte, das sei ein Sieg des Volkes, das allerdings, wie gesagt, noch gar nicht abgestimmt hatte. Das aber durfte niemand mehr behaupten. Irgendwann möchte ich doch zu gerne wissen, welche handfesten Interessen dazu geführt haben, diese Kampagne so mit aller Macht zu Ende zu bringen. Denn dass eine Sanie

Schnee von gestern - frisch gefallen

ZINNOBER probt an geheimem Ort für das nächste Konzert im 'Alten Pfandhaus' in der Kölner Südstadt. Alte und neue Songs. Am 1. Mai um 20 Uhr werden sie gesungen und gespielt. Hier einer der Songs, der schon in dem Stück "Für alle Fälle Fritz" Premiere hatte. Jetzt also mit Gesang, Vibraphon und Bassgitarre. Kind im Manne Wir liegen ineinander fest verschlungen. Mir war, als hätt' ein wildes Tier gesungen. Wir öffnen uns und fühlen uns als Paar. Mir ist, als wenn da schon mal etwas war. Ich stecke tiefer drin von Nacht zu Nacht. Die Frauen denken doch nur an das Eine. Sie brüsten sich und zücken ihre Beine Und ich bin wieder um den Schlaf gebracht. Mein Kind im Manne steht noch gut im Futter. Es bleibt mein Kind und ich, ich bleibe Mann. Die Frauen finden's Kind und finden dann, Es ist so süß- und spielen gleich die Mutter. Sie finden es so hilflos und erziehen Das Kind im Manne und den Mann gleich auch. Das Kind wird mager und der Mann kr

Pullunderträger, Kabarettgänger, SPD-Wähler, Rotweintrinker,

Seid modern, aufgeschlossen, schreibt Leserbriefe und sitzt im Theater, lasst euch langweilen und findet das normal. Ihr wollt schließlich nicht als Rotweintrinkende Spießer gelten, deshalb findet ihr jedes Herumbrüllen auf der Bühne, jede Projektion und jeden Spritzer 'interessant'. Ihr lasst euch gerne quälen, das gehört zum Deal. Kunst muss unbequem sein, so habt ihr es im Feuilleton gelesen. Wer Kunst will, muss leiden können. Arme Verstörte. Die Miniatur-Bewegungsübungen in Endlosschleife, das ewige Vor und Zurück, das unverständliche Gemurmel, das war nur eine neue Wahrnehmung, so findet ihr, von "Dantons Tod". Ein neues Konzept. Im Kölner Schauspielhaus war es gar nicht langweilig, nein, die dummen Zuschauer, die immer noch glauben, im Theater könne man ein Stück sehen, haben ihre Langeweile bloß "mitgebracht". So wird unter 'Kommentare' auf der Website fleißig geschrieben. Zum Beispiel von einer Tante, die ich mir so vorstelle: Am Computer

Mut zu Kultur - Welcher Inhalt hinter welcher Fassade?

Vor einem Jahr ahnte am Rosenmontag noch niemand, dass die Jecken und die Zuschauer einem großen Unglück nur knapp entkommen würden. Auf der Severinstraße brach das große Haus, in dem das Archiv der Stadt untergebracht war, ein und versank in einer Baugrube für die Nord-Süd-U-Bahn. Nach dieser Katastrophe wirkten die Südstädter eher leise, nachdenklich, traurig in ihrer Empörung über den Einsturz und den Tod zweier Menschen. Das habe ich gesehen. In diesem Jahr gab es zu den Gesängen, dem Schwung und der Farbe im Rosenmontagszug auch eine Politisierung, die über den Zug hinaus ging.  Nach einem Jahr wissen wir, dass Eisenbügel zur Stabilisierung gestohlen, Protokolle gefälscht wurden, die Aufsicht untätig blieb, sich eine Lüge auf die andere türmte. Die Liste an Schlamperei, Lüge, Korruption, Diebstahl und Betrug ist so lang geworden, dass sie selbst für Kölner Verhältnisse ein unglaubliches Maß erreicht hat. Nun ist die Wut über Verwaltung und Politik laut und hörbar, die Wut über di

Hamm

Auf den kleinsten Bahnhöfen heißen gewisse Örtlichkeiten, Entschuldigung - Locations - nicht mehr Toiletten, sondern "Mr. Clean". Ja. Ja. Und in Hamm gibt es seit neuestem die Aktion "Mapping the region"! Was wird hier gemappt? Unbekannte Schätze? Werden die letzten weißen Flecken kartografiert, unentdeckte Volksstämme gefunden? Es gibt, wie wir von Menschen wissen, die witzig sein müssen, Geschichten über Eingeborene, die rau aber heatzlich sind, "Wodka Wick Blau" trinken und Körriewuast essen. In Hamm gibt es zu alledem noch ein neues Projekt: die "Local Hero Woche". Nicht bei McDonalds, nein, ganz Hamm macht Kunst, local Kunst. Hamm ist nämlich im "Netzwerk" Ruhr 2010 Kulturhauptstadt Europas. Ja. Mister Local singt: If you can make it there, you make it anywhere! Tschauiii. Gib mich nochn Pils. Noch etwas: Ich mag Podolski. Ich will, dass er für den 1.FC Köln stürmt. Immerhin haben wir uns das alle jahrelang gewünscht. Und er

Kunst im Bau

Sind wir nicht schon genervt genug? Brauchen wir nicht auch Orte, an denen wir nur sitzen, oder warten oder essen und trinken dürfen ohne genervt zu werden? In der Kneipe müssen wir einen Platz finden mit ausreichendem Abstand zu den wummernden Lautsprechern, denen wir schon aus dem Straßenverkehr versucht haben zu entkommen. Dann die Blickrichtung. Nicht ständig auf die esoterischen, bunten, traurig gepinselten Bilder schauen müssen, die Veedels-Künstler aufhängen dürfen. Und nun? Die U-Bahn, die neue, kurze, ist noch nicht eröffnet, schon wird "Kunst" geplant. Die "Neumarkt-Collage" am Neumarkt oder die "Kölner Köpfe" am Appellhofplatz sind schon unvergesslich genug. Nun soll uns also bunte, schrille Performance-Malerei (Kneipenkunst in Riesenformat) von ruhigen Momenten abhalten. Der Vorstandssprecher der KVB spricht von einem "bedeutenden Kunstprojekt". Diese Sorte Vorstandssprecher schauten im vorigen Jahrhundert zuhause auf einen traurige

Die Blauen, die Roten und die Gelben

Die neue Vorzeigediktatur China lässt keine Gelegenheit aus, zu zeigen wie's geht. Wer Bauprojekten nicht weichen will, wird umgesiedelt oder totgeschlagen. Wer dagegen protestiert, wird totgeschlagen oder eingesperrt. Einen Schriftsteller hat man für seine Unterschrift unter eine Charta für mehr Demokratie zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Zukunft hat begonnen. Der Internet-Konzern Google, der mit den Zensurbehörden Chinas immer friedlich zusammengearbeitet hat, also bestimmte Begriffe gar nicht erst suchte oder anzeigte, erlebt erstaunt einen umfassenden Hacker-Angriff auf Daten von Oppositionellen, damit auch diese gefunden und eingesperrt werden können. Und jetzt entdeckt Google sein Gewissen (Marktanteil in China ist ohnehin nur 20%). Im Kino läuft der Film 'Avatar', der umgehend bei den Chinesen so gefragt ist, dass die Diktatur erneut eingreifen muss. Das liegt offenbar an der Geschichte. Es geht um Zwangsumsiedlung. So etwas kann sich nur auf einem fremde

Etwas Positives

soll ich schreiben, riet mir jüngst eine Freundin. Ich willigte ein und legte mich ein bisschen auf mein Ohr, um Ruhe zu finden. Ich wache auf, weil Geschirr und Bücher aus den Regalen stürzen. Die Tapete reißt auf: Dahinter gähnt eine Leere, die mit einem Mal von gleißendem Licht durchschnitten wird. Ein komischer Mann mit vorgeschobenem Unterkiefer singt: "Wir sind alle deine Kinder". Der Herr Westernhagen, so heißt der Nachbar, quetscht ein paar Töne aus seiner Lederjacke, während der Schutt dampft und Steine stürzen. "Ein kleines bisschen Sicherheit", schreit ein verletzter Junge zwischen den Trümmern meines Hauses, während eine Frau mit dickem Bauch, die draußen auf der Straße sitzt, leise nach dem letzten Einhorn Ausschau hält. "Ein Herz für Kinder" flüstert sie und senkt den Blick. Am Ende der langen, gewundenen Straße kommen die Helfer und bauen Kräne, Schienen, Transformatoren, Scheinwerfer und Kameras auf. Es wird eine große Show. Da erwache ic

Dantons Tod

Nach ungefähr 20 Minuten bekam das Stück auf der Bühne des Schauspielhauses endlich Rhythmus. Es begann das nicht enden wollende Türenklappen, nicht etwa skandalisierter, sondern zu Tode gelangweilten Zuschauer, die an bereits Eingeschlafenen vorbei ins Foyer drängten. Nach einer Stunde war auch bei mir die Erträglichkeitsgrenze überschritten. Dem Programmheft konnte man durch die Bilder entnehmen, dass die verwuschelten, mehr oder weniger bekleideten Darsteller bis zum bitteren Ende ihren Text nuscheln, und dabei Füßchen links, Füßchen rechts, Händchen auf, Händchen ab spielen würden. Dem Programmheft, in dem nach einer halben Stunde in meiner Umgebung alle anfingen zu blättern, konnte man durch Texte ebenso entnehmen, dass es sich bei den Schauspielschüler-Bewegungs-Übungen um "Idiorhythmie", um "Erschöpfung" und "Ermüdung" drehte. Konzept! Wieder einmal dürfen wir Zuschauer den Kopfgeburten eines Regieteams beiwohnen (diesmal 'Chétouane'), d

Atom Asse

Warum warnten schon vor Jahrzehnten Wissenschaftler und Bewohner dieses Landes vor der Atomkraft? Die Industrie trieb ihre Gier und ihren Zynismus auf die Spitze und fing an zu dichten: "Atomkaftgegner überwintern bei Kerzenlicht und kaltem Hintern". Das ist Kreativität, das ist witzig. Kaum ein Hintern überlebte nach dem GAU im Atomkraftwerk Tschernobyl, eine Atomkatastrophe, die eigentlich nicht vorkommen durfte, also auch nicht vorkommen konnte. Chance eins zu eine Million oder eins zu einer Milliarde, egal. Eigentlich. Aber einer gewinnt irgendwann doch immer den Jackpot. Diesmal die Mai-Spaziergänger von Tschernobyl. Warum warnten Wissenschaftler und fragten immer wieder nach dem Verbleib des Atommülls, der auch, wenn man ihn in Fässer steckt, strahlt, Millionen Jahre. Aber Asse, der Salzstock, wo hunderttausend Fässer herumliegen, wird schon jetzt brüchig, es dringt Wasser ein, die Fässer rosten. Konnte keiner ahnen. Nein. Es kann nur keiner hören. Wie immer.

Kulturhauptstadt Ruhr

Die Eröffnungsfeier. Im Schnee. Draußen. Sehr reizvoll. Besser als, wie immer, in einem überdachten Stadion mit üblicher Massenhysterie zu dünnem Programm. In 'Zeche Zollverein' fehlt nur die Massenhysterie. Und die Show? Projektionswände, natürlich, die ausgleichen sollen, was die Darsteller nicht schaffen. Auf Tonnen herum klopfen zwischen Feuerfontainen (auf den Projektionstafeln sieht man Stahlarbeit), laangweilig. Dann tanzen junge Menschen vor den Tonnen (auf den Projektionstafeln tanzen junge Menschen im Club), laangweilig, dann, natürlich Rap-Gelaber von noch jüngeren Menschen, gaanz langweilig. Regisseur ist ein Professor von der Folkwang-Schule, der von Höhepunkten oder einer Inszenierung offenbar noch nie gehört hat. Zum Schluss, natürlich, Grönemeyer mit Sinfonie-Orchester. Komm zur Ruhr. Statt Köln. Jetzt werden Köln und seine Kulturschaffenden noch einmal schmerzhaft daran erinnert, wie kläglich die Bewerbung Kölns damals scheiterte. Köln konnte sich noch nicht

Erzähl eine Geschichte

Ich bin nicht gut im Geschichten erzählen. Es war einmal ein Mädchen in einem blauen Kleid. Nein, schrie sie. Ich will keine rosa Tapete und keinen Prinzen und keinen Cowboy als Mann. Sie drehte den Fernseher lauter und schwieg. Musik klimperte eine melancholische Einsamkeitsmelodie. Die wurde lauter und lauter. Es wurde später und später. Die Uhr lief. Das Kleid wurde ganz grau im Licht des letzten Filmes. Dann ging sie ins Bett unter die braune, gemusterte Decke, die unter der dicken, blauen Decke schwamm. Sie träumte von großen Reisen. Das ist eigentlich schon alles. Eine schöne Geschichte. In einer fernen Stadt in der Nacht wenn die Geschäfte schließen, steht das Mädchen mit einem anderen Mädchen zusammen an der Eingangstür der Bäckerei und spricht noch ein paar Worte. Man wird sich morgen wieder sehen. Schürze aus, Tür zu.