Direkt zum Hauptbereich

Botho Strauß hat über Jutta Lampe und über das Theater gesprochen

Letztes Jahr hielt der Autor Kehlmann eine Rede zum 'Aktualisierungs-Theater' unserer Tage und bezog Prügel von den Theaterhysterikern, die um sich schlagen, wenn tatsächlich jemand ruft: die sind ja nackt! Lapidares Fazit damals: Tilman Krause schrieb in Welt-online "Das Theater ist inzwischen kein Muss mehr. Es hat seine Zeit gehabt". Dem widerspricht jetzt Botho Strauß, der Theaterautor und denkende Mensch, der in einer Laudatio auf die Schauspielerin Jutta Lampe an die Möglichkeiten und den Zauber des Theaters erinnert. Er kritisiert die Schausteller des "wunderlosen Theaters", das sich "zum Reservat von Dummheit und Bildungsferne entwickelt" habe. Und schon geht es wieder los. Wenn es nach Herrn Khuon (Intendant) gehen würde, sollte man "so ein Gerede" so schnell wie möglich vergessen: es "disqualifiziert sich selbst".

Strauß hatte gewagt, das Theater durch sein Zentrum zu würdigen: die Schauspieler, hier die Schauspielerin Jutta Lampe, die Medium ist, im Spiel, die sucht und entdeckt, die unfertig und klar, verwirrend und stark, leuchtend und zart, Rollen zu Figuren und Figuren zum Leben bringt. Das war und bleibt der Sinn des Theaters, er wird verkörpert von solchen Schauspielerinnen. Die Hunde aber wollen das nicht hören, sie fühlen sich getroffen und bellen. Diejenigen, die das Theater und seine Kraft zu Tode bringen, die auf ihren Marktplätzen grellbunte Bühnenspektakel feil bieten müssen, wie im Zwang, immer und immer wieder, als Fans der Entgrenzung, von jeder Geschichte, jedem Sinn befreit.

Und immer dann, wenn doch ein paar kluge Theaterleute daran erinnern wollen, dass Theater mehr sein kann, mehr sein muss, als eine Benutzeroberfläche, die Schauspieler zu Statisten von Installationen macht, wird die Keule geschwungen. Hilfe bekommen die Hysteriker von der versammelten Mannschaft der Dummbeutel, die das Theater wie einen Zirkus betrachten wollen, der sich um sich und um sie selbst drehen soll.

Ja, dieses Theater ist jung und tot, verstörend und langweilig, eitel und ohne Impuls, es gebiert höchstens die immer gleichen Skandale, die immer die gleichen Reflexe auslösen. So beherrschen Regisseure und Dramaturgen mit ihren Medien-Events die Kulturmagazine, die Zuschuss-Töpfe und die politische Debatte wie die Sternchen aus Soaps die Regenbogenblätter.

Ende nicht absehbar. Und übrigens - ich finde, Theater ist ein Muss.

hier die ganze Rede
-

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Gartenschau...

ist auch nicht mehr unschuldig. Das Thema Kostüm ist ein schwieriges geworden, sagt eine Moderatorin im WDR. Der Inhaber eines Kostümverleihs in Köln erzählt von der besonderen Vorsicht vor allem der jungen Leute. Kein Scheich, kein Indianer… Vor zwei Jahren hat man sich zu Karneval noch ein Betttuch übergeworfen, heute haben die jungen Leute Angst damit einen Scheich zu beleidigen. Um die Ecke meines Theaters gab es „Altentheater“. Viele ältere Menschen hatten dort Spaß am Spiel. Auch eine Tanzgruppe von Seniorinnen der AWO hatte sich anlässlich der Bundesgartenschau 23 ein besonderes Programm einfallen lassen: „Weltreise“. Mit phantastischen, zum großen Teil selbstgenähten Kostümen sollte diese Reise um die Welt auf die Bühne kommen. Doch dann knallte es: „Wir sollen die spanischen Flamenco-Kostüme, den orientalischen Tanz, den mexikanischen Tanz mit Sombreros und Ponchos, den japanischen Tanz mit Kimonos, den indischen mit Saris und den ägyptischen Tanz, in dem wir als Pharaoninnen ...

Falsche Sprache wird nicht richtiger, wenn sie verordnet wird.

Köln verordnet Gendersprache. Verwundert reibt sich der Leser die Augen. Ja, der Leser. Der Mensch der liest, egal welchen Geschlechts. Aber warum einfach, wenn's auch kompliziert geht. Warum es einfach richtig machen, wenn es auch falsch verordnet werden kann. Dafür gibt es Bürokratie. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Bekanntmachungen der Kölner Stadtverwaltung meist das Gegenteil von dem bedeuten, was sie vorgeben: „Fahrradfreundlich“, „Kulturförderung“ - nun sehen wir: es geht noch schlimmer: „Geschlechtergerechte Sprache“. Ein entsprechender ‚Leitfaden’ verdient nicht einmal das Prädikat ‚Gut gemeint und schlecht gemacht‘. Gut gemeint ist nichts, diesmal geht es schlicht um den Kniefall der Stadtverwaltung vor einer Ideologie. Nicht nur, dass hier jede Regel der deutschen Sprache in den Wind geschlagen wird oder die Ablehnung der Gender-Sprache durch den zuständigen „Rat für deutsche Rechtschreibung“ keine Rolle spielen darf, d urch die Verordnung einer ‚falschen‘ Sprache wil...

Im Gedenken an meinen Freund Thomas Reis

Rede zur Trauerfeier in der "Comedia" am 30. August 2024 Thomas Reis. Es sind so viele Freunde da, es ist so viel vorbereitet. Mir fällt es schwer heute über ihn zu sprechen. Am liebsten würde ich weinen und anschließen ein paar Kölsch trinken. Aber: Thomas sagte: Du hältst die Rede. Toll. Diese Rede zu schreiben hat von mir das verlangt, was ich in über dreißig Jahren immer von Thomas verlangt habe. Von 1000 Seiten Text 995 zu streichen. Es sind so viele Erinnerungen, so viele Fußballspiele, so viel Kölsch, so viele Reisen, so viele wundervolle Auftritte, auf Gold-, Holz-, Kartoffel- und Reis-Bühnen, in Freiburg, Berlin, im Theater am Sachsenring und auch in der Comedia. Hier wollte er eigentlich nicht mehr auftreten. Kein Platz mehr für alte weiße Männer, erzählte er mir. Jetzt ist er doch wieder da. Geht doch. Thomas? Ich höre dich. „Liebe Freunde der belesenen Betroffenheit, Feministen und Feministinnen, trans-, bi-, homo- hetero- und metrosexuelle Menschenfreund*innen al...