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Schau, Bayreuth


Ich hatte das Vergnügen Bayreuth von innen zu sehen. Ich war erstaunt über die engen Sitzreihen, das kleine Festspielhaus - der Ruhm macht die Dinge größer als in Wirklichkeit. Ich war erstaunt über die Treppen, den Saal, die Säulen, die Akustik, die Töne, die von irgendwo kommen, sich fügen und überwältigen. Ich hatte das Vergnügen, Boulez dirigieren zu sehen, zu hören. Ich musste die Augen schließen, denn der Parsifal wurde von Schlingensief inszeniert und der hatte Nah-Tod-Erlebnisse aufzuarbeiten, auf der Bühne. Es flimmerte, zuckte, drehte sich, Faktoten, Nackte, blutige Fingerspuren, na ja, Regietheater eben. Katharina Wagner, die Ur-Enkelin vom Richard, wollte 'entrümpeln', wollte die Festspiele mit Schlingensief aufpeppen. Nur mit geschlossenen Augen war der Zauber der Musik noch spürbar.
Katharina soll den grünen Hügel erobern und ihr Meisterstück mit den 'Meistersingern' abliefern. Und was sehe ich im Fernsehen? Weiße Farbe spritzt über die Bühne, weiße Flüssigkeiten spritzen aus dem Ausschnitt einer Sängerin. Oh ja. Der ganze Mist, der schon die Stadttheater seit Jahren zum Komödienstadl macht, ist endlich auch bei den Weihespielen angekommen.

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Im Gedenken an meinen Freund Thomas Reis

Rede zur Trauerfeier in der "Comedia" am 30. August 2024 Thomas Reis. Es sind so viele Freunde da, es ist so viel vorbereitet. Mir fällt es schwer heute über ihn zu sprechen. Am liebsten würde ich weinen und anschließen ein paar Kölsch trinken. Aber: Thomas sagte: Du hältst die Rede. Toll. Diese Rede zu schreiben hat von mir das verlangt, was ich in über dreißig Jahren immer von Thomas verlangt habe. Von 1000 Seiten Text 995 zu streichen. Es sind so viele Erinnerungen, so viele Fußballspiele, so viel Kölsch, so viele Reisen, so viele wundervolle Auftritte, auf Gold-, Holz-, Kartoffel- und Reis-Bühnen, in Freiburg, Berlin, im Theater am Sachsenring und auch in der Comedia. Hier wollte er eigentlich nicht mehr auftreten. Kein Platz mehr für alte weiße Männer, erzählte er mir. Jetzt ist er doch wieder da. Geht doch. Thomas? Ich höre dich. „Liebe Freunde der belesenen Betroffenheit, Feministen und Feministinnen, trans-, bi-, homo- hetero- und metrosexuelle Menschenfreund*innen al...

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Neusprech und Krieg

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