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Radio Ro


Erst jetzt bin ich dazu gekommen das neue Gesicht des Kölner Schauspielhauses aus der Nähe zu sehen, nachdem viele Skeptiker und Kritiker schon erzählt hatten, etwas sei anders geworden, das Eröffnungsfest gelobt hatten, die Ausstrahlung, den Mut, die erste Premiere. Ein bisschen Wind wehte aus diesen Schilderungen. Interessant.
Meine erste Begegnung war Radio Ro, Uraufführung, Musik in der Schlosserei. Skeptisch war ich. Ja. Manche Schlagerrevue hatte mich schon verärgert nach Hause geschickt.
Und dann ein wunderbarer, fein gesponnener Abend. Erster Auftritt, Mann in Frauenkleidern. Geht in Köln immer schief. Aber diesmal nicht. Präsenz, Präzision. Maschinen werden eingeschaltet, Lämpchen leuchten, ein Studio mit Arbeitstischen. Geht in Köln immer schief, diesmal nicht. Eine Spielerin nach der anderen betritt den Schauplatz, die Platte hat einen Sprung, oder springt, lebt. Beschleunigungen, Störungen, Pausen. Radiomusik fließt in Komik, mehrstimmigen Gesang, ein Lied fließt zurück in das Radio, witzig, schlicht, rührend. Es gibt zu lachen, zu staunen. Das Ensemble ist wunderbar. Die Bekannten, Therese Dürrenberger, Anja Laïs, leuchten mit den Neuen, Jennifer Frank, Graham F. Valentine, um die Wette, zurückhaltend, unprätentiös, alles passt zusammen, sie alle tragen uns von Lied zu Lied zu Stück zu Geste. Der Pianist und Regisseur Clemens Sienknecht ist eine Sensation, und die Lust am Spiel erfasst alle. Zwischen dem Lachen, dem Schauen auf das Verfertigen von Musik, auf die Radio-Tage, auf Erinnerungen, rührt mancher Flötenton, manche Entdeckung einer Bewegung, manche Melodie zu Tränen. Ich denke zwischendurch an Köln. Zum ersten Mal seit langer Zeit geschieht etwas. Hier. Zauber des Theaters in unserer Stadt? Das wäre zu schön, das ist zu schön.
Und die Feier im Erfrischungsraum? Hell, klar, Licht und Tücher, Tische, leise Musik, freudige Gesichter und heitere Gespräche. Alles anders? Glaub ich nicht. Aber, als hätte eine unsichtbare Hand dieses Haus ein bisschen gedreht, so verschoben, dass das Licht anders auf Haus und Bühne trifft, fangen Dinge an zu glänzen. Oder ist es doch die Hand von Karin Beier. Ich gehe noch öfter schauen. Dieser Abend jedenfalls hat die Lust am Theater beflügelt.

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