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Die Gestörten ergreifen die Macht

In Wikipedia finden wir die Beschreibung des neuen Präsidenten der USA. Unter dem Begriff ‚narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS)' wird eine Person charakterisiert, die "unmäßig stark damit beschäftigt ist, anderen zu imponieren, … aber kein zwischenmenschliches Einfühlungsvermögen besitzt…"
Die Störung zeige sich "durch … eine im Inneren chronisch schwelende Wut, die schon bei geringem Anlass (v. a. bei Kritik) explodieren kann."

Und weiter: "Pathologischer Narzissmus kann sich durch Prahlen und Hochstapelei ebenso äußern wie durch unersättliche Ansprüche und Erwartungen. Personen mit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung neigen dazu, Menschen in ihrem unmittelbaren Umfeld – besonders Sexualpartner und Kinder – emotional zu missbrauchen, um ihr labiles Ego zu stabilisieren.“

Nur diesmal hat er es nicht nur mit seiner Puppe, mit Sexualpartnern oder Kindern, mit Familie, seinem Stab oder Beraterstab zu tun, sondern mit einem ganzen Volk - mit der ganzen Welt - mit dem ganzen Universum, das er durch sein kleines Wurmloch ganz in ein Paralleluniversum ziehen will. In unserem Universum waren noch nie so wenige Menschen bei einer Amtseinführung. In Trumps Parallel-Universum war es genau umgekehrt. Noch nie bejubelten so viele eine Machtergreifung.

Das Schlimmste aber ist, dass wir ununterbrochen gezwungen sind über Äußerungen und Taten von Gestörten diskutieren zu müssen, weil die zum Beispiel zu Präsidenten gewählt werden, die dann genau das wirre und faschistische Zeug ihrer Kurzmitteilungen in die Tat umsetzen wollen. Äußerungen und Taten, von denen jede einzelne in früheren Zeiten immense Skandale ausgelöst hätten. Haben wir uns schon so an den täglichen Rassismus, den täglichen Hass, den täglichen Wahn gewöhnt, weil unsere Zeit schon übermäßig von Gestörten beherrscht wird?

Die Welt steht auf dem Kopf. Der Dieb schreit ‚Haltet den Dieb‘, der Lügner ‚Lügenpresse‘, Faschisten zeigen mit dem Finger auf Demokraten und brüllen 'Faschisten' und alle kreischen ‚Volksverräter‘, wenn man ihnen auf die Schliche kommt. Wer ihren Verdrehungen nicht folgen will, wird als verdreht gebrandmarkt, wer die Unterdrückung der Meinungsfreiheit kritisiert, wird mundtot gemacht oder gleich eingesperrt. Wer das öffentlich macht, wird der Lüge bezichtigt - und so fort. Wir befinden uns mitten in einer Welt des Wahns. Die neue Zeit ist geladen wie eine Pistole - mit Twitter-Hashtags, Fake-News und Begriffen aus der Nazi-Diktatur. Die Wahnsinnigen bauen Roboter, die ihren Wahn teilen und damit die Daten-Bahnen verstopfen, die Straßen Ost-Deutschlands oder die digitalen Netze und von dort aus allen Rohren feuern. In früheren Zeiten sind Gestörte von Ärzten behandelt worden, heute finden wir sie an der Spitze von Nationalstaaten. Ungarn, Polen, Russland, Türkei - Ende nicht in Sicht.

Jetzt also die USA. Schauspielerin Meryl Streep hat bei einer Preisverleihung sehr persönliche Worte gefunden. Es habe ihr das Herz zerrissen, sehen zu müssen, wie ein Mann, der zum mächtigsten Mann des Landes gewählt werden will, einen behinderten Journalisten auf widerliche und respektlose Weise öffentlich nachgeäfft habe. Die Folgen? Unabsehbar.
Den Schwächeren schlagen und über ihn lachen. Verachtung. Respektlosigkeit löst Respektlosigkeit aus. Macht darf alles. Ich darf jeder Frau zwischen die Beine greifen, weil ich es kann, weil ich Macht habe. Ich könnte jemanden erschießen, niemand würde mich verhaften. Auf einer Wahlkampf-Versammlung lässt der zukünftige Präsident einen Zwischenrufer hinauswerfen und fordert den Saal auf: „Schlagt ihn zusammen, ich zahle den Anwalt“.

Ich habe es schon geahnt, dass genug wütende, gestörte, hasserfüllte und dumme Menschen geben würde, um einen der Ihren tatsächlich in das höchste Amt zu bringen.
Jetzt gibt es ein böses Erwachen. Jetzt sind die Straßen in Washington schwarz von Menschen, die sich wehren wollen. Immerhin. Endlich. Und zur Amtseinführung geht Frau Merkel in eine Ausstellungseröffnung. Gut gemacht. Und sie ist nicht die einzige, die fehlte, zumindest in unserem Universum.

„Eine im Inneren chronisch schwelende Wut, die schon bei geringem Anlass explodieren kann“ lässt ihn toben. Alles Lüge. Die Medien lügen. Er spricht von Betrügern, er will einen ‚Krieg gegen die Medien‘ führen. „Sie werden einen Preis dafür zahlen“, droht er. Seine Beraterin Kellyanne Conway, mit den Fakten konfrontiert, spricht von „alternativen Fakten“. Der Journalist ist mutig und hält ihr vor, ‚alternative Fakten‘ seien keine Fakten sondern Lügen.
Ich bin gespannt, was noch kommt: Gedehnte Wahrheit, Szenen aus dem Wurmloch...

Der Ursprung dieses Realitätsverlustes ist die Konstruktion einer geschlossenen Schein-Realität, wie wir sie von Verschwörungstheoretikern kennen, eine Wahrnehmungsstörung aus der geschlossenen Anstalt, die auf Fakten mit Tobsuchtsanfällen reagieren - unter Freud hieß diese Störung noch „Größenwahn“ und bei den frühen Christen wurde sie als Sünde des Hochmuts und der Ruhmsucht verurteilt. Wir können nur hoffen: Hochmut kommt vor dem Fall.

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