Direkt zum Hauptbereich

#zsmmn #WM2018

Der offizielle Hashtag des DFB heißt, man glaubt es kaum: #zsmmn - das sagt alles. Wie jeder Hashtag. Wie der WM-Song: „Wir sind zsmmn doof“.
Hashtag, Laute, Silbenklumpen - Silben ist reden, verschweigen ist Gold. #zsmmn - Hashtag eines unerträglichen Zustandes in der Politik, der Kultur, im Fußball. Jenseits von Spots, Songs, Tweets und Hashtags sieht die Wirklichkeit anders aus. Alles kracht auseinander. Niemand ist mehr zsmmn. Weder Europa, noch Deutschstämmige und Deutschmächtige, geschweige denn Seehofer und Merkel, BAMPF, Ämter und Politik, FIFA und der Fußball, Fußball und die Nationalmannschaft. Özil und Gündogan nicht zsmmn mit der Mannschaft. Denn da ist dieses dumme Foto - und wenn nicht dumm, dann noch schlimmer.

Bierhof, Sprecher von Le Mannschaft, frisch vom Händeschütteln mit Haargel-Sponsoren zurück, erklärt entschuldigend, man müsse verstehen wie die Türken ticken.
Türken ticken wie Zeitbomben, man weiß nie, welchem Präsidenten sie als nächstes die Hand geben. Treffen mit Präsidenten von Gottesstaaten, Autokonzernen, Geldübergabeinstituten, Scheichs, Zaren, Energieriesen und Gazprom - das ist ja ohnehin schon Tradition...

Dazwischen kommen nur noch die lästigen Pflichttermine: Filmaufnahmen für die Respect-Kampagne gegen Rassismus, die mittels Morphing zeigt, wie über hässlichen Gesichtern ständig die Frisuren wechseln. Hoffentlich verderben die ganzen Anti-Rassismus-Spots nicht den Fototermin mit dem nächsten Tyrannen.

Alles ist gut. Erdogan hat die Kampagne gegen Rassismus nicht übel genommen. Huldvoll lässt sich der Sultan mit seinen Helfern Özil und Gündogan ablichten.
Das nützt bei den Wahlen und außerdem ist die Türkei der einzige Konkurrent Deutschlands um die Bewerbung Ausrichter der nächsten EM.
Die EM ist sicher. Alles ist sicher. Alles ist gut.
Außerdem kommen wieder einmal die Unter-Den-Teppich-Kehrer zu Hilfe und behaupten, Kritik an Özil und Gündogan sei Rassismus.
Nein, ist es nicht. Ägyptens Mo Salah hat sich wegen der Propagandafotos mit dem Mörder und tschetschenischen Diktator Ramsan Kadyrow zumindest sehr unwohl gefühlt. Emr Can, deutscher Nationalspieler (nicht nominiert), hat sich sogar einem Foto mit Erdogan verweigert. Es geht also auch anders.

Özil und Gündogan mussten sich allerdings keine Sorgen machen: von der Nationalmannschaft wird ein Spieler nur dann ausgeschlossen, wenn wir es mit wirklichen Verbrechen zu tun haben - wir erinnern uns nur an Effenberg und Schumacher: Mittelfinger zeigen oder ein Buch schreiben. Da versteht der DFB wirklich keinen Spaß. Aber Diktatur, Hooliganismus, Korruption - Entschuldigung: Fußball ist ein Männersport. Die Fragen nach Doping, Menschenrechten, Meinungsfreiheit bleiben Fragen für Weicheier. Alles ist gut.
Außerdem beteuert der DFB, die beiden stünden voll hinter dem Grundgesetz. Jetzt fehlt nur noch der Satz: Der Trainer sitzt auch nächsten Samstag noch auf der Bank.

Nach-Vorne-Schauen-Phrasen, Marketing, Abschottung, das alles passt zwar zur Türkei und auch nach Russland, aber immer noch nicht, so hoffte ich bis jetzt zumindest, zu einer deutschen Nationalmannschaft. Verunsicherung. Auch das Fußballspiel bleibt so letzten Endes auf der Strecke. Das war gut zu sehen gegen Österreich, gegen die Saudis und im ersten Vorrundenspiel gegen Mexiko. Weil eben nichts zsmmn ging. Oh oh ohhh.

Die Spieler liefen in der Gegend herum wie bestellt und nicht von der Agentur abgeholt. Plattenhard, Müller - das Phlegma von Özil und Khedira, die Phantome der Opas, keine Tempowechsel, kein Kombinationsspiel - Masterplan und nichts dahinter.
Fußball, Spiel, Mut, Unberechenbarkeit - sie kamen nicht nur nicht zusamm. Es war eine Gleichung mit mehreren Unbekannten. Welche Risse und Brüche sind hier sichtbar geworden?

Zusamm bleim... Ich kann den Schwachsinn nicht mehr hören. Deshalb habe ich diesmal auch so wenig Lust auf eine WM. Kommerziell war die Veranstaltung immer schon - aber das alles ist zu einem Super-Event verkommen, das erst durch Korruption und Käuflichkeit zustande kommt, dann von Sklaven gebaut wird, von gedopten Spielern bevölkert, der Geheimdienst hat auch noch die Hände im Spiel und kein Schiedsrichter weit und breit. Während der Gastgeber seine Gegner im Lager verrotten lässt, bekommen wir Putins Nutten, Bier, Gazprom und Schröder zu sehen. Widerlich.

Und auf dem Platz nur noch Werbeikonen, beleidigte Grazien wie Neymar oder Messi, Gladiatoren wie CR7 - Typische Szene im Spiel gegen Mexiko. Kroos pflanzt sich Nase an Nase vor dem Schiedsrichter auf. Soll heißen: Ich bin Real, ich bin Chef. Der Schiedsrichter schiebt ihn auf Abstand und macht ihm klar: Ich bin der Chef. Dieses Posen, alle Posen aller aufgepumpter Tätowiermodelle ist nichts - vor allem keine neue ‚Körpersprache‘ - nur Theaterdonner.

Und dann doch noch Fußball wie wir ihn lieben. Wieder Kroos. Fehlpass. Staunen, Null zu eins. Kampf, Ausgleich. Zu wenig. Letzte Sekunde vor dem Ausscheiden in der Gruppenphase. Freistoß. Wieder Kroos. Drin. Aufschrei. Erlösung.

Und gute Mannschaften: Kolumbien, Island, Schweiz, Belgien, England, Kroatien... Sie sind heiß auf das Spiel. Wird es darum in Zukunft überhaupt noch gehen? Ich will wieder Lust auf Fußball bekommen, ich will gute Gespräche, Vernunft und eine demokratische Gesellschaft. Ja, ich weiß. Sonst noch was?

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Gartenschau...

ist auch nicht mehr unschuldig. Das Thema Kostüm ist ein schwieriges geworden, sagt eine Moderatorin im WDR. Der Inhaber eines Kostümverleihs in Köln erzählt von der besonderen Vorsicht vor allem der jungen Leute. Kein Scheich, kein Indianer… Vor zwei Jahren hat man sich zu Karneval noch ein Betttuch übergeworfen, heute haben die jungen Leute Angst damit einen Scheich zu beleidigen. Um die Ecke meines Theaters gab es „Altentheater“. Viele ältere Menschen hatten dort Spaß am Spiel. Auch eine Tanzgruppe von Seniorinnen der AWO hatte sich anlässlich der Bundesgartenschau 23 ein besonderes Programm einfallen lassen: „Weltreise“. Mit phantastischen, zum großen Teil selbstgenähten Kostümen sollte diese Reise um die Welt auf die Bühne kommen. Doch dann knallte es: „Wir sollen die spanischen Flamenco-Kostüme, den orientalischen Tanz, den mexikanischen Tanz mit Sombreros und Ponchos, den japanischen Tanz mit Kimonos, den indischen mit Saris und den ägyptischen Tanz, in dem wir als Pharaoninnen ...

Falsche Sprache wird nicht richtiger, wenn sie verordnet wird.

Köln verordnet Gendersprache. Verwundert reibt sich der Leser die Augen. Ja, der Leser. Der Mensch der liest, egal welchen Geschlechts. Aber warum einfach, wenn's auch kompliziert geht. Warum es einfach richtig machen, wenn es auch falsch verordnet werden kann. Dafür gibt es Bürokratie. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Bekanntmachungen der Kölner Stadtverwaltung meist das Gegenteil von dem bedeuten, was sie vorgeben: „Fahrradfreundlich“, „Kulturförderung“ - nun sehen wir: es geht noch schlimmer: „Geschlechtergerechte Sprache“. Ein entsprechender ‚Leitfaden’ verdient nicht einmal das Prädikat ‚Gut gemeint und schlecht gemacht‘. Gut gemeint ist nichts, diesmal geht es schlicht um den Kniefall der Stadtverwaltung vor einer Ideologie. Nicht nur, dass hier jede Regel der deutschen Sprache in den Wind geschlagen wird oder die Ablehnung der Gender-Sprache durch den zuständigen „Rat für deutsche Rechtschreibung“ keine Rolle spielen darf, d urch die Verordnung einer ‚falschen‘ Sprache wil...

Im Gedenken an meinen Freund Thomas Reis

Rede zur Trauerfeier in der "Comedia" am 30. August 2024 Thomas Reis. Es sind so viele Freunde da, es ist so viel vorbereitet. Mir fällt es schwer heute über ihn zu sprechen. Am liebsten würde ich weinen und anschließen ein paar Kölsch trinken. Aber: Thomas sagte: Du hältst die Rede. Toll. Diese Rede zu schreiben hat von mir das verlangt, was ich in über dreißig Jahren immer von Thomas verlangt habe. Von 1000 Seiten Text 995 zu streichen. Es sind so viele Erinnerungen, so viele Fußballspiele, so viel Kölsch, so viele Reisen, so viele wundervolle Auftritte, auf Gold-, Holz-, Kartoffel- und Reis-Bühnen, in Freiburg, Berlin, im Theater am Sachsenring und auch in der Comedia. Hier wollte er eigentlich nicht mehr auftreten. Kein Platz mehr für alte weiße Männer, erzählte er mir. Jetzt ist er doch wieder da. Geht doch. Thomas? Ich höre dich. „Liebe Freunde der belesenen Betroffenheit, Feministen und Feministinnen, trans-, bi-, homo- hetero- und metrosexuelle Menschenfreund*innen al...