3sat kann nicht mehr anders. Diesmal heißt die Sendung:
Theater.Macher.Innen. Außer falscher Sprache bleibt die typische, eindimensionale „Verhandlung“ eines Themas, Verhandlung sagt die puritanistische Community, als stünden wir vor Gericht. Tun wir.
In diesen, neuerdings ideologisch orientierten Sendungen muss es natürlich auch ein paar Alibi-Minuten geben. Diesmal dürfen wir einer Frau zuhören, die sagt - Achtung! Regie sei geschlechtslos, sie wolle Regie führen als Mensch, nicht weil sie eine Frau ist. Und ein alter, weißer Mann sagt: Kehrt zurück zur Vernunft. Dessen Aussage hat aber ohnehin keine Bedeutung, denn er ist weiß und alt. Fall erledigt. Zeit um. Jetzt geht’s richtig los.
Schauen wir gleich auf den Höhepunkt.
Eine gewisse Pinar Karabulut zeigt sich wild gestikulierend. Sie lässt ständig ihre Hände kreisen, reißt die Augen auf und sagt erschrocken in die Kamera, sie hätte auf der Bühne eine Frau spielen sollen, die geschlagen wird und - habe das natürlich abgelehnt. Sie wolle keine Gewalt auf der Bühne darstellen. Dafür sei sie vom Dramaturgen und Intendanten angeschrien worden. Sie habe also Gewalt geerntet, weil sie Gewalt ablehnt.
Ich sitze fassungslos und denke: Das hat sie wirklich gesagt - unwidersprochen. Diese Person kommt zu Wort in einer Sendung, die sich mit Theater beschäftigt. Diese Person weiß nichts über Schauspielerei. Selbstverständlich gehört sie gefeuert, weil sie ihren Beruf verfehlt hat, weil sie sich weigert eine Rolle zu spielen oder ihren Text zu sprechen. Das Ergebnis: Sie führt jetzt Regie, bis 2016 war sie bereits Regieassistentin im Kölner Schauspiel. Beispiel für ihre Arbeit: „The Great Tragedy of Female Power mit Texten von William Shakespeare, Lady Gaga und deiner patriarchal geprägten Dominanz“ - wörtliches Zitat aus einem Programmheft.
Ich höre weiter zu - vor ungläubigem Staunen hat sich eine einer Art Starre ergeben - ich kann nicht mehr wegschauen. Karabulut gestikuliert noch heftiger als vorher. Jemand sagt über sie: Werktreue interessiert sie nicht, sie lässt den Text verändern bis die Schauspielerin in der Lage ist ihn zu sagen, sie schreibt um, sie interpretiert alles feministisch. Und weiter geht’s: Sie gestikuliert noch hektischer. Spreizt die Finger, macht kleinste Kreisbewegungen vorwärts, kleinste Kreisbewegungen rückwärts - sie rotiert nur noch: Hinter der Bühne … auf der Bühne … sagt sie … aber die Theater sind noch nicht so weit.
Hoffentlich bleibt das auch so.
Irrtum - die Grundlagen des Theaters werden allerorts schon über Bord geworfen. Niemand, sagt ein Intendanten-Weichei, der sich bereits zeitig und freudig ergeben hat, niemand muss einen Text sprechen, den er nicht vertreten kann.
Wie bitte? Die andere Seite dieser Medaille sind die Zuschauer, die das Theater verlassen, weil ihnen ein Satz nicht gefällt, den ein Schauspieler auf der Bühne gesprochen hat, weil sie denken der meint das so.
Das Ende von Theaterfiguren, das Ende des Theaters.
Es dauert nicht mehr lange, da werden wohl auch noch die Klassiker verboten, weil in ihren Stücken Frauen leiden müssen. Kaum gedacht, kommt der kleine Intendant noch einmal zu Wort und sagt, dass er alle Klassiker aus dem Spielplan verbannt hat.
Ihr Dummköpfe, Tyrannen, Weicheier, Puritaner und Theaterfeinde - Lasst es euch gesagt sein: Ihr werdet es mit mir und meinesgleichen zu tun bekommen.
Jetzt habe ich’s denen aber gegeben. Ich werde jetzt einen Kaffee trinken und einen Essay schreiben.