Köln verordnet Gendersprache. Verwundert reibt sich der Leser die Augen. Ja, der Leser. Der Mensch der liest, egal welchen Geschlechts. Aber warum einfach, wenn's auch kompliziert geht. Warum es einfach richtig machen, wenn es auch falsch verordnet werden kann. Dafür gibt es Bürokratie. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Bekanntmachungen der Kölner Stadtverwaltung meist das Gegenteil von dem bedeuten, was sie vorgeben: „Fahrradfreundlich“, „Kulturförderung“ - nun sehen wir: es geht noch schlimmer: „Geschlechtergerechte Sprache“. Ein entsprechender ‚Leitfaden’ verdient nicht einmal das Prädikat ‚Gut gemeint und schlecht gemacht‘. Gut gemeint ist nichts, diesmal geht es schlicht um den Kniefall der Stadtverwaltung vor einer Ideologie.
Nicht nur, dass hier jede Regel der deutschen Sprache in den Wind geschlagen wird oder die Ablehnung der Gender-Sprache durch den zuständigen „Rat für deutsche Rechtschreibung“ keine Rolle spielen darf, durch die Verordnung einer ‚falschen‘ Sprache will die Verwaltung glauben machen, dass ‚falsche’ Sprache richtig ist, weil sie verordnet wird. Das ist ein interessantes Demokratieverständnis. Auf die gleiche Weise wollte das Kulturamt schon Anfang des Jahrhunderts so genannte Spitzenkultur am grünen Tisch verordnen, jenseits aller gewachsenen Strukturen. So blieb auch diese Parallelwelt bis heute eine bürokratische Totgeburt.
Und nun soll falsche Sprache suggerieren, sie könne Gerechtigkeit herstellen. Von welchen Influencern wird die Verwaltung diesmal geritten, um schon wieder eine zusätzliche Parallelwelt installieren zu wollen? Müssen wir nicht schon genug ‚alternative Fakten‘ ertragen? Warum will die Verwaltung uns zwingen, die gemeinsame Sprache für die Sprache einer Minderheit von Aktivisten aufzugeben?
Der ‚Audi‘-Konzern wird wegen einer entsprechender Verordnung, wegen eben dieser Bevormundung der Mitarbeiter ("Mitarbeitenden") bereits verklagt.
Die Stadt Köln will sich mit ihrem Leitfaden zusätzlich noch lächerlich machen, denn sie empfiehlt die Internet-Seite „geschicktgendern“. Hier wird noch der letzte Unsinn zur Regel - egal wie falsch oder technokratisch. Statt Fußgänger soll es jetzt heißen „Zu Fuß Gehende“, der Allgemeinmediziner - bisher war das ein Beruf - wird zur „Allgemeinmedizin praktizierenden Person“. Schlecht für die Sprache und auch für die Gesundheit.
Die reaktionäre Gesinnung der Community wird aber besonders klar, wenn wir sehen, wie Pfleger durch Gendersprech einfach zu „Pflegenden“ werden. Was heißt das? Mutter kann das machen und muss auch nicht bezahlt werden?
Es geht nicht um die Abschaffung von Diskriminierung, sondern um deren Verschiebung. Das Denken soll neu ausgerichtet, die Vergangenheit geändert, die Geschichte gesäubert werden, eine geschlossene Welt soll entstehen, wie sie schon in Orwells Roman "1984" geschildert wird. Die nächsten Schritte sind bekannt: Schluss mit Kostümen, Schminke, Poesie, Rollenspiel. „Aneignung heißt Diskriminierung“. Das bedeutet nicht weniger als die Abschaffung des Theaters.
Im Leitfaden heißt es außerdem: „Verhindern Sie Rollenklischees und Stereotypen sowie Sprachbilder…“ Sprachbilder sind aber Grundlage von Poesie und haben auch im Alltag einen historischen Kontext, wie etwa die dort erwähnte ‚Milchmädchenrechnung’ - das geht zurück auf eine Fabel von La Fontaine - Thema: Trugschlüssen und Illusionen. Es ist eine Milchmädchenrechnung zu glauben, dass wir Künstler uns Bilder verbieten lassen. Wird aus dem schönen „Mutterseelenallein“ bald ein Elternteilseelenallein? Keine Bilder - keine Poesie - kein Theater. Satire steht jetzt schon generell als „stereotyp“ oder „respektlos“ unter Feuer. Die Fundamentalisten applaudieren. Wer würde heute noch „Wir sind Charlie“ unterstützen? Wer steht heute noch an der Seite eines Karikaturisten mit spitzer Feder?
Kritik heißt jetzt „Mikro-Aggression“, Witz bedeutet Beleidigung, Karikatur soll ‚herabwürdigend‘ sein und ‚Respekt‘ ist zum Kampfbegriff aller Fundamentalisten geworden.
So werden klare, wunderbare Grundsätze in Einzelteile zerschlagen. Eine verhängnisvolle Entwicklung.