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Lasst mich in Ruh mit Känguru

Ja, natürlich, es musste so kommen. Der berühmte, aber alles andere als in die Öffentlichkeit drängende Autor, anders als alle anderen Autoren nicht nur Autor, sondern Autor, Liedermacher und Kabarettist, kamerascheu, nur ein einziges Exklusivinterview gewährend, genauso anders wie seine Figuren, die natürlich ein Eigenleben führen, also alle anderen Interviews exklusiv geben, ihn zurück lassend, denn er ist nur der Autor, der nur liest und Geschichten schreibt und einen Roman schreibt und ein Drehbuch schreibt und Hörbücher macht - der jetzt für sein ‚freches‘ Känguru und dessen Geschichten und dessen Hörbücher und dessen Lesungen auch noch den passenden Film bekommt, der natürlich in jedem Filmmagazin, jedem Kulturmagazin, jeder Nachrichtensendung, jedem Boulevardmagazin, jedem Morgen- und Mittagsmagazin zum Thema wird, mit immer denselben Ausschnitten aus demselben Film, um den Film optimal zu vermarkten, obwohl es doch um ein kommunistisches Känguru geht, aber das kann ja nichts dafür. Das ist durchaus als kommunistisches Känguru dagegen, aber macht alles mit, damit es besser in der Öffentlichkeit stehen kann, um Raum für Agitation und Propaganda... ach nein, das war ja die Wirklichkeit, damals.

Ja damals - ich kann auch nichts dafür. Ich muss es jetzt einmal loswerden: Ich will davon nichts mehr wissen, ich kann es nicht mehr sehen. Ich will von dem Blödsinn nichts mehr hören. Und mit den Klischees des kommunistischen Kängurus kann ich sowieso nichts, aber auch gar nichts anfangen. Denn ich war selbst - das muss ich jetzt auch gestehen - in meinen jungen Jahren auch verschlafen, witzig, kommunistisch, in meinen jungen Jahren war ich das. Ich weiß also wovon ich rede, ich weiß genau wie das war. Und als eines Tages an meiner Haustür ein Känguru klingelte, habe ich ihm eine passende Antwort, aber keine Eier gegeben, und es nicht in die Wohnung gelassen. 

Und dann habe ich geschrieben, inszeniert, gedichtet, Theater gemacht, gesungen, war lustig, hab getrunken und gegen den Kapitalismus gekämpft. War alles nicht so erfolgreich. Aber vielleicht lag das auch daran, dass ich solchen Nazis wie in dem Film, solchen Spekulanten, solchen Schluffis, wie in den Chroniken, nie begegnet bin.
Nur mit dem kommunistische Känguru war ich befreundet.
Und das hat mich so genervt, dass ich schon sehr früh darüber schreiben musste. Das war das Ende unserer Freundschaft.
Denn in Wirklichkeit hatte das kommunistische Känguru keinen Humor.

Ich las ihm vor: „Das Känguru klingelt, ich öffne, das Känguru sagt: Ich will Eierkuchen machen, aber ich habe keine Eier. Ich sage: Dann kauf welche. Es sagt: Ich bin Kommunist. Ich sage: Schau an, ich auch. Aber ich bin ein richtiger. Dann muss ich dich wohl nach der Revolution eliminieren."

An der Stelle musste ich lachen und das Känguru gab mir, ganz humorlos, eins auf die Nase. Zugegeben, eine kurze Freundschaft. Aber Freundschaft ist ohnehin eine bürgerliche Kategorie.
Ich habe dann die Tür geschlossen, meine Nase verbunden, einen Kaffee getrunken und eine Schnapspraline eingeworfen.

Aber so ist das heute. Ich hab es gekannt, ich habe darüber geschrieben, aber meine Geschichte wollte niemand hören. Kein Wunder. Wenn Fack you Göte (oder wird das anders geschrieben?) - schon in Schulen behandelt wird, kann der aufgeschlossene, linksintellektuelle Lehrer mit dem fiktiven Känguru sicher auch noch den Kommunismus erklären.
Das wird genau so komisch. Überhaupt bekommt das linke, traditionell humorfeindliche Sozio-Biotop mit dem Känguru adäquaten Zuwachs. Das Känguru reiht sich ein, hinter "Die Anstalt", Böhmermann, den dicken Drag Queens von Lady’s Night, Bülent Ceylan, Gregor Gysi, Konstantin Wecker und den Toten Hosen. Damit wächst das Feld intellektuellen Humors ins geradezu Unermessliche. 

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