Es war noch nicht abgepfiffen, als die Zuschauer schon scharenweise das Stadion verließen. Mein Freund Reis saß noch bis zum bitteren Ende. "Der Abend war so schön bis zum Anpfiff", sagte er. Die Magie des Daum-Empfangs löste sich auf in eine Gleichung mit elf Bekannten.
Was ist das mit der Magie? Stadion, Flutlicht, zweite Liga, den Anschluss nicht verpassen. Daum ist Trainer, er steht für eine magische Vergangenheit, aber Hässler, Litbarski, Kohler, Povlsen sind entschwunden. Eine Zukunft ist noch nicht angebrochen. Also die Mühen der Ebene, ein grauenhaftes Spiel, verloren, wieder einmal. Das Personal ist real in Unordnung und Angst gefangen, geistig nicht auf der Höhe. Es verweigert sich der Magie. Das große Theater bleibt aus, das Happy-End fehlt.
Ich bin nicht zur Theaterpreisverleihung, obwohl, Andreas Robertz hätte ich gerne zum Preis gratuliert. Aber zurück zur Magie. Ich fiebere also im Stadion auf den Augenblick hin, der nicht kommt.
Wie war das, wie wird das sein?
Warum überhaupt Fußball? Fußball ist an sich die Magie des Augenblicks, die Magie einer Entscheidung, die nicht entschieden wird, die einfach geschieht, beobachtet und beschrieen von Tausenden, der Spieler wird mit einem kollektiven Stöhnen in die Hölle gestoßen oder mit einem Schrei des Entzückens, einer Eruption, gen Himmel geschickt, je nachdem, ob der Augenblick Glück oder Unglück bedeutet, je nachdem ob die Waage sich nach der einen oder anderen Seite neigt, der Ausführende wird zum Helden oder muss jahrelang in Therapie.
Nicht nur der Torwart hält den Atem an vor dem Elfmeter. Immerhin kann er den Augenblick dehnen, zelebrieren, mit einem Zaubertanz auf der Linie. Er legt die Maske an, er winkt mit den Armen. Er bekommt einen magischen Zettel zugesteckt, er hat einen magischen Stoffbär oder Schal im göttlichen Tor hängen oder einfach einen Geißbock im Rücken.
Hat der Ball die Linie berührt? Was the ball behind the line? Niemand hat es gesehen. Dieser Augenblick 1966 hat Magie bewahrt, weil es noch nicht einmal eine Wiederholung, geschweige denn eine Zeitlupe oder Super-Zeitlupe gab. Die Stimme des Reporters hat sich in unsere Erinnerung eingebrannt: Achtung! Hui! Kein Tor! Lange Pause. Eine zu lange Pause. Und die Spieler fügen sich in ihr Schicksal. Die Götter haben gesprochen. Wie ein Jahr zuvor, als in Rotterdam nach drei hart umkämpften Spielen im Europapokal der Landesmeister, der 1.FC Köln gegen den FC Liverpool ausschied, nachdem der reguläre Siegtreffer der Kölner nicht anerkannt worden war, ein Kölner Spieler mit gebrochenem Schienbein weiter spielen musste, weil noch keine Auswechslung möglich war und die Münze, die zur Entscheidung vom belgischen Schiedsrichter hinauf ins Flutlicht geworfen wurde, zwar wieder herab fiel, aber hochkant im Rasen stecken blieb. Die Kölner Spieler standen erschöpft in ihren beschmutzten, weißen Trikots abgewandt vom Geschehen und erwarteten ihr Urteil. Die Wiederholung des Münzwurfes, dieser Augenblick, nach all den schon empfangenen Strafen, schlug die Kölner endgültig zu Boden. Geschlagen, aber unbesiegt. Das waren magische Zeiten. Gestern abend: geschlagen und besiegt. Ganz einfach.
Gute Nacht
Was ist das mit der Magie? Stadion, Flutlicht, zweite Liga, den Anschluss nicht verpassen. Daum ist Trainer, er steht für eine magische Vergangenheit, aber Hässler, Litbarski, Kohler, Povlsen sind entschwunden. Eine Zukunft ist noch nicht angebrochen. Also die Mühen der Ebene, ein grauenhaftes Spiel, verloren, wieder einmal. Das Personal ist real in Unordnung und Angst gefangen, geistig nicht auf der Höhe. Es verweigert sich der Magie. Das große Theater bleibt aus, das Happy-End fehlt.
Ich bin nicht zur Theaterpreisverleihung, obwohl, Andreas Robertz hätte ich gerne zum Preis gratuliert. Aber zurück zur Magie. Ich fiebere also im Stadion auf den Augenblick hin, der nicht kommt.
Wie war das, wie wird das sein?
Warum überhaupt Fußball? Fußball ist an sich die Magie des Augenblicks, die Magie einer Entscheidung, die nicht entschieden wird, die einfach geschieht, beobachtet und beschrieen von Tausenden, der Spieler wird mit einem kollektiven Stöhnen in die Hölle gestoßen oder mit einem Schrei des Entzückens, einer Eruption, gen Himmel geschickt, je nachdem, ob der Augenblick Glück oder Unglück bedeutet, je nachdem ob die Waage sich nach der einen oder anderen Seite neigt, der Ausführende wird zum Helden oder muss jahrelang in Therapie.
Nicht nur der Torwart hält den Atem an vor dem Elfmeter. Immerhin kann er den Augenblick dehnen, zelebrieren, mit einem Zaubertanz auf der Linie. Er legt die Maske an, er winkt mit den Armen. Er bekommt einen magischen Zettel zugesteckt, er hat einen magischen Stoffbär oder Schal im göttlichen Tor hängen oder einfach einen Geißbock im Rücken.
Hat der Ball die Linie berührt? Was the ball behind the line? Niemand hat es gesehen. Dieser Augenblick 1966 hat Magie bewahrt, weil es noch nicht einmal eine Wiederholung, geschweige denn eine Zeitlupe oder Super-Zeitlupe gab. Die Stimme des Reporters hat sich in unsere Erinnerung eingebrannt: Achtung! Hui! Kein Tor! Lange Pause. Eine zu lange Pause. Und die Spieler fügen sich in ihr Schicksal. Die Götter haben gesprochen. Wie ein Jahr zuvor, als in Rotterdam nach drei hart umkämpften Spielen im Europapokal der Landesmeister, der 1.FC Köln gegen den FC Liverpool ausschied, nachdem der reguläre Siegtreffer der Kölner nicht anerkannt worden war, ein Kölner Spieler mit gebrochenem Schienbein weiter spielen musste, weil noch keine Auswechslung möglich war und die Münze, die zur Entscheidung vom belgischen Schiedsrichter hinauf ins Flutlicht geworfen wurde, zwar wieder herab fiel, aber hochkant im Rasen stecken blieb. Die Kölner Spieler standen erschöpft in ihren beschmutzten, weißen Trikots abgewandt vom Geschehen und erwarteten ihr Urteil. Die Wiederholung des Münzwurfes, dieser Augenblick, nach all den schon empfangenen Strafen, schlug die Kölner endgültig zu Boden. Geschlagen, aber unbesiegt. Das waren magische Zeiten. Gestern abend: geschlagen und besiegt. Ganz einfach.
Gute Nacht