Direkt zum Hauptbereich

Karneval 2020

Als Kölner, der den Karneval liebt, habe ich mich in diesem Jahr besonders aufgeregt und auch geschämt.
Der Karneval ist in Köln immer besonders lebensfroh, lebendig, Lieder wie von Ostermann oder den Fööss - nirgendwo sonst gab es das so ausgeprägt. Für lange Zeit, die lange zurück zu liegen scheint.

Denn auch Köln liegt in Deutschland und in Deutschland hat sich in den letzten Jahren vieles verändert.
Karneval ist zur Sauf-Party verkommen, von Musik bleibt ein allgemeines Schalalalala und das übliche Ballermann-Gegröle. Die Sitzungen langweilig, unbeweglich.

Und dann werden zu Beginn der tollen Tage 10 Menschen in Hanau von einem Rassisten erschossen. Die Karnevalisten reagieren auf die aktuellen Ereignisse. Ein besonderer Widerstand gegen den um sich greifenden Faschismus, erlebt hier einen besonderen Auftrieb.

„Aus Worten werden Taten“ - aus einer Faschistenschnauze ragt eine Pistole. Diesen Rosenmontags-Wagen gab es aber nicht in Köln zu sehen, hier sahen wir zwar einen weinenden Dom, der Hanau betrauert, sonst aber blieb alles harmlos wie immer. Und wie üblich wurden besonders in Düsseldorf Wagen gezeigt, die durch Klarheit, Schärfe und politischen Witz bestachen. Vielleicht sollten die Wagenbauer in Köln zur Unterstützung einmal einen scharfzüngigen Satiriker engagieren, um Pfeffer in die Sache zu bringen.

Erregt und wütend ruft Andreas Schmitt aus der Bütt der AfD entgegen: „Ihr nehmt uns die Freiheit nicht... Dieses Land werdet ihr niemals regieren...“. Wo geschehen? In Mainz. In Köln stehen, wie üblich, Stelter und Co. - der Betriebsfest-Humor - auf der Bühne.  Und zum Rosenmontagszug werden ‚Influencerinnen’, eingeladen. Peinlich.

Der erste, kleine Schritt gegen Faschismus und Hass, ist, wie eh und je, Kultur zu zeigen, Kultur zu pflegen. In Köln ohnehin schwierig.
Es ist Zeit, darüber hinaus endlich etwas zu tun. Aber wie oft haben wir diesen Satz schon gehört, ohne dass gehandelt wurde. Daher möchte ich diesmal einfach einen Kommentar zitieren. Von Julian W. Koenig auf der Tagesschau-Seite veröffentlicht: „Ich will nicht mehr schockiert und bestürzt sein. Ich will keine Tränen mehr. Ich will keine Lichterketten mehr. Ich will keine Trauerbekundungen mehr. Ich will Razzien. Ich will Verhaftungen. Ich will die Öffnung der NSU-Akten. Ich will die lückenlose Aufklärung und Zerschlagung rechter Netzwerke in Polizei, Armee und Geheimdiensten. Ich will ein Verbot volksverhetzender Parteien wie der AfD...“ 

So ist es. Das unterschreibe ich.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Die Gartenschau...

ist auch nicht mehr unschuldig. Das Thema Kostüm ist ein schwieriges geworden, sagt eine Moderatorin im WDR. Der Inhaber eines Kostümverleihs in Köln erzählt von der besonderen Vorsicht vor allem der jungen Leute. Kein Scheich, kein Indianer… Vor zwei Jahren hat man sich zu Karneval noch ein Betttuch übergeworfen, heute haben die jungen Leute Angst damit einen Scheich zu beleidigen. Um die Ecke meines Theaters gab es „Altentheater“. Viele ältere Menschen hatten dort Spaß am Spiel. Auch eine Tanzgruppe von Seniorinnen der AWO hatte sich anlässlich der Bundesgartenschau 23 ein besonderes Programm einfallen lassen: „Weltreise“. Mit phantastischen, zum großen Teil selbstgenähten Kostümen sollte diese Reise um die Welt auf die Bühne kommen. Doch dann knallte es: „Wir sollen die spanischen Flamenco-Kostüme, den orientalischen Tanz, den mexikanischen Tanz mit Sombreros und Ponchos, den japanischen Tanz mit Kimonos, den indischen mit Saris und den ägyptischen Tanz, in dem wir als Pharaoninnen ...

Falsche Sprache wird nicht richtiger, wenn sie verordnet wird.

Köln verordnet Gendersprache. Verwundert reibt sich der Leser die Augen. Ja, der Leser. Der Mensch der liest, egal welchen Geschlechts. Aber warum einfach, wenn's auch kompliziert geht. Warum es einfach richtig machen, wenn es auch falsch verordnet werden kann. Dafür gibt es Bürokratie. Es ist keine neue Erkenntnis, dass Bekanntmachungen der Kölner Stadtverwaltung meist das Gegenteil von dem bedeuten, was sie vorgeben: „Fahrradfreundlich“, „Kulturförderung“ - nun sehen wir: es geht noch schlimmer: „Geschlechtergerechte Sprache“. Ein entsprechender ‚Leitfaden’ verdient nicht einmal das Prädikat ‚Gut gemeint und schlecht gemacht‘. Gut gemeint ist nichts, diesmal geht es schlicht um den Kniefall der Stadtverwaltung vor einer Ideologie. Nicht nur, dass hier jede Regel der deutschen Sprache in den Wind geschlagen wird oder die Ablehnung der Gender-Sprache durch den zuständigen „Rat für deutsche Rechtschreibung“ keine Rolle spielen darf, d urch die Verordnung einer ‚falschen‘ Sprache wil...

Im Gedenken an meinen Freund Thomas Reis

Rede zur Trauerfeier in der "Comedia" am 30. August 2024 Thomas Reis. Es sind so viele Freunde da, es ist so viel vorbereitet. Mir fällt es schwer heute über ihn zu sprechen. Am liebsten würde ich weinen und anschließen ein paar Kölsch trinken. Aber: Thomas sagte: Du hältst die Rede. Toll. Diese Rede zu schreiben hat von mir das verlangt, was ich in über dreißig Jahren immer von Thomas verlangt habe. Von 1000 Seiten Text 995 zu streichen. Es sind so viele Erinnerungen, so viele Fußballspiele, so viel Kölsch, so viele Reisen, so viele wundervolle Auftritte, auf Gold-, Holz-, Kartoffel- und Reis-Bühnen, in Freiburg, Berlin, im Theater am Sachsenring und auch in der Comedia. Hier wollte er eigentlich nicht mehr auftreten. Kein Platz mehr für alte weiße Männer, erzählte er mir. Jetzt ist er doch wieder da. Geht doch. Thomas? Ich höre dich. „Liebe Freunde der belesenen Betroffenheit, Feministen und Feministinnen, trans-, bi-, homo- hetero- und metrosexuelle Menschenfreund*innen al...