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Was können die Künste?


Die Veranstaltung mit diesem sperrigen Titel wurde zum Glücksfall. Am Montagabend, den 22. Januar war das Alte Pfandhaus in der Kölner Südstadt voll besetzt. Viele wollten alleine schon die designierte Intendantin des Kölner Schauspiels, Karin Beier, sehen und hören. Diese erzählte von der Kraft des Theaters, ihrer ersten Erfahrung mit Theater als Fünfzehnjährige im Schauspielhaus, über einen Konflikt zwischen Vater und Sohn auf der Bühne, der sie so in Aufruhr versetzte, dass sie beinahe eingreifen wollte, das Gesehene blieb noch lange Gesprächsstoff. Aufgewühlt vom Spiel auf der Bühne. Das kann Theater.

Albrecht Zummach von der Kölner Gesellschaft für Neue Musik, sprach von 'Neuer Musik', die für viele Zuhörer neu sei, weil sie kaum zu hören ist und kaum gekannt wird und stellte den Lautenisten Konrad Junghänel vor, Vertreter der 'Alten Musik', die für viele Zuhörer neu sei, weil sie... Junghänel sprach auch von einem Trend, der in Amerika nur noch unter Druck der Sponsoren auf 'Highlights' in der Aufführungspraxis ziele und somit immer mehr Werke ausblende. Ein Trend der nicht nur für die Musik gilt.

Friederike van Duiven stellte für die Bildende Kunst und für das KulturNetz Köln den Künstler Gunther Demnig vor, der schilderte, wie sich die 'Stolpersteine', die eingelassen in den Bürgersteig an die Menschen erinnern, die aus ihren Straßen 'verschwanden' und schließlich deportiert oder ermordet wurden, wie sich diese Steine von einer provokanten Kunstaktion zu einem direkten Eingreifen von Kunst in die Gesellschaft entwickelte. Höchst beeindruckend erzählte er, wie Familien zu diesen Stein-Einlassungen nach über sechzig Jahren wieder zusammen gefunden haben, um einen Kreis zu schließen.
Der Choreograph Royston Maldoom (im Film „Ryth’m is it“ ist sein Unterricht mit Schülerinnen und Schülern zu sehen), sprach frei und in englisch über die Sprache der Kunst, über den Rhythmus im Menschen, der allzu oft von Verschüttungen befreit werden muss, über Kunst, die etwas damit zu tun hat, wie Menschen ihre Energie finden und nutzen lernen.
Heftiger, lang anhaltender Applaus dankte ihm. Überhaupt standen sich an diesem Abend nicht, wie so oft, Bürokraten, Intriganten oder Selbstdarsteller gegenüber, sondern die Hauptpersonen waren die Hauptpersonen. Künstler sprachen von ihrer Kunst, die Wellen auslöst, die sich fortpflanzen und eine Gesellschaft in Bewegung bringen können. Kunst hat mit Haltung zu tun. Alle schienen am Ende den Kopf etwas höher zu tragen.


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