"Jungen zeitgenössischer Zugang", vermisst die Chefin unserer Theaterzeitung 'akt'. Hat sie mir das gesagt um zu erklären warum ich sie oder ihre Redakteure noch nie in meinem Theater gesehen habe? Nein, ich sehe sie auf 'arte' im sommerlichen Avignon sitzen, wo über Theater gesprochen wird, wo auf den Straßen von Clowns lustige Flugzettel verteilt werden und auf den großen Bühnen das große, verstörende Multi-Media-Spektakel stattfindet. Und an Bistro-Tischen wird geredet, es wird über alles geredet. Darüber, nicht vor 'großen Texten' in die Knie zu gehen, Türen aufzustoßen, zu experimentieren. Auch dieses Festival geht nicht ohne „Slowmotion-Rituale“ (Zadek), bedeutungsschwangeres Hundegebell, Fassadenkletterei, aus Fenstern stürzende, aufschlagende Fernsehgeräte, Schauspieler, die aufstehen, hinfallen, aufstehen, hinfallen - und natürlich Video-Projektionen auf allen Wänden und Leinwänden. Alles wie immer, alles in der Hand von ‚Experimentierern’, Koproduzenten und Schwätzern. Mit Ausnahmen. Toll gespielt aber zu sehr ‚Boulevard’ findet unsere Kritikerin mit einem mokanten Zug um den Mund. Dagegen: Das Publikum blieb aus aber die Kritik fand es toll, also diejenigen, die immer reden müssen, über Konzepte, die fanden es toll. Das ist der erwünschte, herbeigesehnte Zustand.
Ich habe Frau Marcus auf einer Versammlung erlebt, wo sie ihr 'Konzept' vorstellte für die Theaterzeitung in Köln. Konzept ist das Zauberwort. Alles Leben wird von Konzepten erstickt. Ich habe es geahnt, als sie von ihren ersten Erfahrungen mit dem Theater erzählte. Freie Theatergruppe, experimentell natürlich - und man hat zusammen gesessen und nächtelang geredet.