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Das Ende der Kunst

Die dicke Frau mit der rotgefärbten Kurzhaarfrisur, die vor die Presse trat, war eine der Sprecherinnen der deutschen Sektion der NOOOAAJUFOCMUCOP (Non Official Organisation Of Arts And Justice For Creative Multi Colored People). Sie sprach in ihrem Statement davon, dass die meisten Sektionen ihrer Organisation bereits ein Jahr nach ihrer Gründung ein stückweit gut aufgestellt seien und dass Künstlerinnen und Künstler endlich einer Quotenregelung für Kunst der Ureinwohner, wie auch für Kunst von politisch Verfolgten, für Kunst von Schwulen und Lesben, von Gender-, Frauen-, afro-amerikanischer, indogener, antifaschistischer- und Volks-Kunst ein großes Stück näher gekommen seien, dass nun die Betroffenen selbst in Selbstbestimmung ihre eigene originäre Kunst schaffen und zeigen könnten, ohne ertragen zu müssen von selbstherrlichen, selbst ernannten 'Künstlern' weiter zu Objekten degradiert zu werden.

In dem Zusammenhang wies sie darauf hin, dass es endlich auch gelungen sei, die Bilder des Malers Gauguin aus den Museen entfernen zu lassen. „Sie gehören verbannt und verbrannt“, sagte sie der eifrig auf Sätze wartenden Presse. Zugegeben, ein griffiger, zitierfähiger Spruch. Alle fingen an zu schreiben. „Diese Art von Bildern sind politisch nicht mehr haltbar.“ Alle blickten auf.
Opfer von Gauguin: Frauen auf Tahiti
Sie seien, sagte sie weiter, typischer Ausdruck eines eurozentristischen, rassistischen Weltbildes, das sich in einem typisch arroganten, voyeuristischen Blick auf die Ureinwohner manifestieren würde.
Die neue Ausstellung „Wir sind anders“ würde endlich ausschließlich mit authentischen Werken der Ureinwohner bestückt werden können.
„Bunt, stark und authentisch“ sei das Motto.

Ob die patriarchale Religionskunst nicht auch auf die Liste gehöre, fragte ein interessierter Journalist und ein anderer, wann denn dann mit der Sprengung des Kölner Doms zu rechnen sei.
Die dicke Frau explodierte. Das sei die typische Art einer verlogenen Main-Stream-Presse, die gerechten Anliegen von Betroffenen in den Schmutz zu ziehen, giftete die Sprecherin.

Andere Sparten seien schon weiter. Auf den Theaterbühnen des Landes gäbe es schon lange, statt unverständlicher, wirklichkeitsferner 'Dichtkunst', das Recherche-Theater, in dem die Betroffenen selbst, die Flüchtlinge, Arbeitslosen und diskriminierten Minderheiten zu sehen seien, um unmittelbar ihre Geschichten selbst zu erzählen. Man müsse sich nicht mehr mit verstaubten Königsdramen den Blick auf die Fakten verstellen lassen. Ein Dichter habe nur dann noch aktuelle Kraft, wenn er mit zeitgenössischen Texten verbunden sei. Das neue multi-mediale, interaktive Theater sei Vorbild und Beispiel genug für jede Kunst, sagte sie und beendete die Pressekonferenz, ohne weitere Fragen zu beantworten.

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